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»Ich mache hier doch keine Negerarbeit, mach das selber.«

Ex-Beschäftigter der Ausländerbehörde in Bielefeld klagt gegen Entlassung. Er sieht Diskriminierung als Grund

  • Habibe Celep
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein ehemaliger Mitarbeiter der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) Bielefeld hat gegen die Stadt geklagt. Er war Mitte 2017 am Ende der sechsmonatigen Probezeit entlassen worden, offiziell wegen mangelnder Arbeitsleistung. Doch er sieht Vorbehalte aufgrund seiner Hautfarbe als wahren Grund für den Rauswurf und sieht sich rassistisch diskriminiert. Zahlreiche Vorfälle während seiner Zeit in der ZAB hat er dokumentiert. Das Arbeitsgericht Bielefeld hatte seine Klage im Frühjahr 2018 jedoch abgewiesen. Der Wirtschaftsjurist und Familienvater hatte dagegen Berufung eingelegt.

Am heutigen Donnerstag wird sein Fall nun in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Hamm verhandelt. Der 35-Jährige hatte ab Dezember 2016 in der ZAB gearbeitet. Er ist in einem afrikanischen Land geboren, kam aber schon als Kind nach Deutschland, wo er erfolgreich sein Studium absolvierte. Von Anfang an bekam er immer wieder rassistische Bemerkungen zu hören. Deshalb ging er bald dazu über, Anfeindungen zu protokollieren. Als er seine Vorgesetzte einmal bat, für ihn ein Fax weiterzuleiten, entgegnete diese: »Ich mache hier doch keine Negerarbeit, mach das selber.« Zeugen bestätigten den Vorfall. Die Kollegin selbst räumte später ein, sich entsprechend geäußert zu haben.

Kurz vor Ende der Probezeit wurde dem Mann gekündigt. Er sei zu langsam, hieß es zur Begründung. Er selbst ist sicher, dass dies nur vorgeschoben ist - und dass er seine Aufgaben immer erfüllt hat. Er macht in seiner Klage Verstöße gegen das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) geltend. Laut Bundesarbeitsgericht gilt in der Probezeit zwar nicht das Kündigungsschutzgesetz. Wenn die Entlassung aber letztlich Folge einer Benachteiligung aufgrund der ethnischen Herkunft ist, kann ein Kündigungsverbot zum Tragen kommen.

Im ersten Verfahren war moniert worden, dass der Kläger sein »Mobbing-Protokoll« erst nach seinem Rauswurf als Beweismittel genutzt hat. Er hätte bereits während seiner Tätigkeit in der ZAB deswegen Beschwerde einreichen müssen, hieß es. Gegenüber »nd« berichtete er: »Jeden Tag in diesen sechs Monaten ist etwas passiert, das nur mir galt. Es war nicht nur das Verhalten, es war auch die Gestik, die Mimik. Ich wurde nicht zurückgegrüßt. Fast täglich wurde ich angebrüllt.«

Der Rassismusforscher Claus Melter von der Fachhochschule Bielefeld sieht hier einen gravierenden Fall von Diskriminierung. »Der Betroffene ist deutscher Staatsbürger, hat hier studiert und wird stigmatisiert und mit schlimmsten kolonial-rassistischen Begriffen tituliert«, empörte er sich im Gespräch mit »nd«.

Im Mai vergangenen Jahres hatte die »Neue Westfälische Zeitung« über den Fall berichtet. Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) hatte daraufhin beklagt, in dem Bericht werde der Eindruck erweckt, in der ZAB seien rassistische Äußerungen oder Handlungen von Mitarbeitern üblich oder würden gar geduldet. Dies entspreche nicht den Tatsachen. Zwar sei die Bemerkung zur »Negerarbeit« gemacht worden, die Kollegin habe sie aber in einer stressbedingten Ausnahmesituation getätigt, erklärte Clausen. Zudem nannte er es »irritierend«, dass der Beschäftigte die Rassismusvorwürfe erst nach seiner Kündigung erhoben habe. Der Politiker bekräftigte, diese sei ausschließlich auf »Leistungsmängel« zurückzuführen.

Norbert Krafeld, Rechtsanwalt des Klägers, räumte ein, es sei schwierig, Recht zu bekommen, da sein Mandant noch in der Probezeit war. Die Richterin in der Vorinstanz habe deshalb nicht prüfen müssen, ob die Begründung für die Kündigung »an den Haaren herbeigezogen war«. Da der Kläger die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens selbst tragen muss, werden an der Fachhochschule Bielefeld Spenden gesammelt, um den 35-Jährigen finanziell zu entlasten und ihm politisch beizustehen.

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