Sorge vor dem Ende des freien Internets

EU einigt sich auf Urheberrechts-Reform mit Leistungsschutzrecht / Kritiker warnen vor Upload-Filtern

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Presseverlage in der EU sollen künftig gegenüber Nachrichten-Suchmaschinen wie Google News deutlich gestärkt werden. Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments einigten sich am Mittwoch in Straßburg vorläufig auf eine Reform des EU-Urheberrechts inklusive Leistungsschutzrecht. Die Portale sollen für das Anzeigen von Artikel-Ausschnitten in ihren Suchergebnissen künftig Geld an die Verlage zahlen.

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) begrüßten die Einigung: »Dies ist ein guter Tag für die Meinungs- und Pressevielfalt in Europa und der Welt«, teilten die Verbände mit. Die Reform setze »einen wichtigen globalen Standard für journalistische Vielfalt und unabhängige Berichterstattung«.

Die Piraten-Europapolitikerin Julia Reda kritisierte hingegen: »Dieser Deal ist eine Gefahr für kleine Verlage, Autoren und Internetnutzer gleichermaßen.« Ihre Kollegin Martina Michels von der Linkspartei bezeichnete die Vereinbarung als »Angriff auf die Meinungs- und Kunstfreiheit«; sie warnte: »Wenn das Parlament nun auch grünes Licht erteilt, werden die Zensurmaschinen im Internet bald Realität für alle in der EU.«

Eine Debatte entspinnt sich derweil vor allem um die Artikel 11 und 13. Kritiker fürchten, dass Plattformen sogenannte Upload-Filter zur Durchsetzung von Urheberrechtsansprüchen im Netz einsetzen könnten. Dabei handelt es sich um eine Software, mit der schon beim Hochladen überprüft werden kann, ob Bilder, Videos oder Musik urheberrechtlich geschützt sind. »Algorithmen sind nicht in der Lage, eine Urheberrechtsverletzung von einer legalen Verwendung von geschützten Werken zu unterscheiden«, sagte SPD-Europapolitiker Tiemo Woelken nach der Einigung vom Mittwoch. »Satire, Parodie oder vom Zitatrecht gedeckte Verwendungen werden fälschlicherweise geblockt werden.« Diese Technik könne demnach auch eingesetzt werden, um »Inhalte herauszufiltern, die nicht den eigenen Werten und Vorstellungen entsprechen«, heißt es in einer Petition, die bislang von mehr als 4,7 Millionen Menschen unterzeichnet wurde. Die Initiatoren fordern daher, die Überarbeitung der betreffenden Artikel.

Die Einigung muss noch vom Parlament und den EU-Staaten bestätigt werden. In den allermeisten Fällen ist das eine Formalie - aufgrund des öffentlichen Drucks könnte die Reform hier allerdings noch scheitern. Stimmen beide Seiten zu, haben die EU-Länder zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht umzuwandeln.

Die Copyright-Reform war 2016 vom damaligen EU-Digital-Kommissar Günther Oettinger (CDU) vorgeschlagen worden und soll das Urheberrecht ans digitale Zeitalter anpassen. Monatelang gab es heftige Diskussionen. Google und Wikipedia sprachen sich gegen Teile der Reform aus. dpa/nd

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