Gregor Gysi: Kein Rückfall ins Nationale

Der Europachef der Partei mahnt zur Einigkeit. Sonst befürchte er einen dramatischen Ausgang der Europawahl

  • Verena Schmitt-Roschmann
  • Lesedauer: 2 Min.

Brüssel/Bonn. Linken-Europachef Gregor Gysi befürchtet einen dramatischen Ausgang der Europawahl im Mai. »Ich glaube, dass die Gefahr besteht, dass wir eine Mehrheit von EU-Gegnern im Europäischen Parlament haben werden«, sagte Gysi der Deutschen Presse-Agentur vor dem Europa-Parteitag der Linken in Bonn. »Deshalb bringe ich mich auch aktiv in den Wahlkampf ein.« Nach der Wahl werde man Gremien für Gespräche mit SPD und Grünen brauchen. »Anders wird es nicht gehen.«

Lesen Sie auch: Die Stellvertreterin, die jeder kennt. Der LINKE-Politiker Gregor Gysi im großen »nd«-Interview über die politische Lebensleistung von Angela Merkel

stärkt unabhängigen Journalismus
Jeden Tag lesen rund 25.000 Menschen unsere Artikel im Internet, schon 2600 Digitalabonennt*innen und über 500 Online-Leser unterstützen uns regelmäßig finanziell. Das ist gut, aber da geht noch mehr! Damit wir weiterhin die Themen recherchieren können, die andere ignorieren und euch interessieren. Hier mitmachen!

Gysi kritisierte die fehlende Einigkeit seiner Partei im Umgang mit rechten Populisten. »Eine Schwäche der Linken ist, dass sie diesbezüglich keine gemeinsame Auffassung hat«, sagte der 71-Jährige. Linke wie er wollten eine internationalistische Antwort. »Und dann gibt es eben auch einen Teil der meint, wir müssen das Nationale hochholen. Das ist nicht gut.«

Politiker wie US-Präsident Donald Trump oder Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban wollten zurück zum nationalen Egoismus und weg vom Internationalen. »Aber du kannst die Geschichte nicht um 80 Jahre zurückdrehen«, sagte Gysi. »Das macht den Erfolg der Rechten aus. Ich erwarte von der Linken, dass sie darauf eine Antwort findet.«

Doch seien linke Parteien in Europa durch Streit geschwächt, so zum Beispiel in Frankreich, Spanien. »Es gibt Meinungsverschiedenheiten, etwa beim Euro«, sagte Gysi. Er selbst sei gegen die Einführung der Gemeinschaftswährung gewesen, hielte aber ihre Abschaffung jetzt für einen Fehler. »Das würde auch wieder zu sozialen Verwerfungen führen.« Ähnlich umstritten sei die Flüchtlingsfrage gewesen.

Gegen die AfD müsse man sich klar abgrenzen. »Ich darf nicht den Fehler machen, dass ich ihnen entgegenkomme, nach dem Motto: Ein bisschen Recht habt ihr ja«, forderte Gysi und fügte hinzu: »Wir waren ja auch mal eine Protestpartei. Aber das ist vorbei, du musst dich neu definieren.«

Auf ihrem Parteitag in Bonn diskutiert die Linkspartei von diesem Freitag an ihr Programm für die Europawahl. Gysi war letzter Vorsitzender der SED-PDS und später der PDS sowie der Linksfraktion im Bundestag. Seit Ende 2016 ist er Chef der Parteienfamilie Europäische Linke. dpa/nd

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal