Wie Google, Amazon und Microsoft das Klima anheizen

Die großen IT-Konzerne geben sich einen grünen Anstrich - und machen umfangreiche Geschäfte mit der fossilen Industrie

  • Hanno Böck
  • Lesedauer: 3 Min.

»100 Prozent erneuerbar ist erst der Anfang«, heißt es auf einer Webseite von Google. So stellt sich der IT-Konzern gerne dar. 2017 habe man zum ersten Mal seinen kompletten Strombedarf aus erneuerbaren Energien gedeckt. Rechenzentren neben Windkraftanlagen gehören zum Selbstbild des Suchmaschinenkonzerns. Auch Amazon und Microsoft verweisen auf ihr entsprechendes Öko-Engagement. Doch eine Recherche des US-Technologieportals Gizmodo kratzt heftig am grünen Image der Silicon-Valley-Konzerne. Demnach haben die großen IT-Konzerne in den letzten Jahren unzählige Partnerschaften mit Ölkonzernen aufgebaut und ganze Abteilungen gegründet, die nur darauf abzielen, Dienstleistungen für die fossile Industrie bereitzustellen. Der Strombezug der Rechenzentren dürfte da im Vergleich kaum ins Gewicht fallen.

Unter der Überschrift »Energielösungen« informiert Google über einige seiner Kooperationen mit der fossilen Industrie. Dass es darum geht, sieht man auf den ersten Blick nicht, denn die Seite ist bebildert mit Solar- und Windkraftanlagen. Doch einige Großkunden dieser Google-Abteilung haben wenig mit erneuerbaren Energien zu tun. Wer weiterliest, erfährt, dass Google kürzlich Kooperationen mit Schlumberger und Aker BP gestartet hat. Schlumberger ist der weltgrößte Servicedienstleister für Ölfelder, Aker BP eine norwegische Firma, die in der Nordsee Öl fördert.

Bei den Kooperationen geht es um den Umgang mit großen Datenmengen (Big Data), High-Performance-Computing (Hochleistungsrechnen) und den Einsatz von künstlicher Intelligenz, um seismische Daten besser auszuwerten. Kurzum: Google hilft mit moderner Technik dabei, mehr Öl zu fördern und der von einer neuen Krise bedrohten Branche ein paar weitere Spitzenjahre zu geben.

Für seine Kooperationen mit der Ölindustrie hat Google sich Kompetenz ins Haus geholt: Im vergangenen Jahr engagierte man den Geologen Darryl Willis, der vorher 25 Jahre für BP gearbeitet hat und nun eine eigene Abteilung des Google-Cloud-Services für die fossile Industrie leitet.

Auch Amazon wurde schon mehrfach dafür kritisiert, den Klimaschutz zu vernachlässigen. Doch dabei ging es vor allem darum, dass Amazon im eigenen Haus zu wenig tue, um emissionsärmer zu werden, und dass es wenig Transparenz über die Kohlendioxidemissionen von Amazon gebe, was etwa ein Bericht von Greenpeace beklagt. Doch auch die Sparte Amazon Web Services, weltweit größter Cloud-Computing-Anbieter, betreibt eine eigene Abteilung für die fossile Industrie. Mit Werbesprüchen wie »Verkürzung der Zeit bis zum ersten Öl« macht der Internetkonzern keinen Hehl daraus, dass man der fossilen Industrie helfen will, die Klimakatastrophe weiter zu befeuern. »Führende Öl- und Gasunternehmen nutzen Innovation mit Amazon Web Services«, heißt es. Man freut sich, einige der ganz Großen der Branche wie Shell und BP als Kunden zu haben.

Bei Microsoft bietet sich ein ähnliches Bild. Der Konzern will schon bald 60 Prozent seiner Rechenzen-tren mit erneuerbaren Energien betreiben - und wirbt gleichzeitig um Kunden aus der Ölindustrie. Stolz ist Microsoft auf Kunden wie Shell und Chevron. Mit Chevron hat Microsoft vor zwei Jahren eine langjährige Zusammenarbeit vereinbart, laut dem Wirtschaftsmagazin »Forbes« einer der größten Deals im gesamten Cloudgeschäft.

Nicht nur Microsofts eigene Ziele werden dadurch konterkariert. Firmengründer Bill Gates macht zudem immer wieder auf die Risiken der Klimakatastrophe hin und finanziert Forschungsprojekte für erneuerbare Energien.

Die meisten Klimaforscher sind sich einig, dass nur eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius die schlimmsten Auswirkungen verhindern kann. Doch dieses Ziel ist nur erreichbar, wenn die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas drastisch und schnell reduziert wird. Der Ölindustrie zu helfen, noch mehr zu fördern, ist damit kaum vereinbar.

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