Mehr rechte Gewalttaten auch in Thüringen

Deutlicher Anstieg rechter Gewalttaten zum Vorjahr / »Thüringen ist für bestimmte Gruppen von Menschen nicht sicher.«

  • Lesedauer: 2 Min.

Erfurt. Die Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (ezra) hat einen Anstieg rechtsmotivierter Angriffe in Thüringen festgestellt. Man habe 2018 insgesamt 162 derartige Vorfälle registriert. Das seien so viele wie nie zuvor im Land sagte Christina Büttner, die Projektkoordinatorin bei ezra, am Mittwoch in Erfurt. Im Vergleich zu 2017 mit 151 rechtsmotivierten Angriffen bedeute dies einen Anstieg um sechs Prozent. 2018 seien insgesamt 186 Personen von der Stelle beraten worden.

Die Zahlen zeigten, dass rechte Gewalt in Thüringen auf einem erschreckend hohen Niveau verharre. Dabei ist Rassismus nach Büttners Angaben das häufigste Tatmotiv. »Thüringen ist für bestimmte Gruppen von Menschen nicht sicher, weil sie jederzeit damit rechnen müssen, Opfer eines rechten Angriffs zu werden«, fasste sie ihre Sicht auf die Entwicklung im Freistaat zusammen.

Im Jahr 2018 waren nach ezra-Angaben mindestens 222 Menschen von den Angriffen betroffen. Die meisten habe man in Erfurt (25), im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt (24) und in Eisenach (14) gezählt. In 90 Fällen, also in mehr als der Hälfte der von ezra registrierten Fälle, liege ein rassistisches Tatmotiv für den Angriff zugrunde. Von rassistischer Gewalt und massiven Bedrohungen seien mindestens 126 Menschen betroffen gewesen. Gerade bei rassistischen Angriffen gehen die Opferberater von einer hohen Dunkelziffer aus.

Lesen Sie auch zum Thema: Rechte schlagen häufiger zu. Opferverbände legen Zahlen für Berlin und Brandenburg vor. Von Marie Frank und Andreas Fritsche

Am zweithäufigsten hätten sich rechte Angriffe gegen politisch Aktive (45 Fälle) gerichtet. Betroffen davon seien Menschen, die sich zum Beispiel gegen Neonazis und für Menschenrechte engagierten. Wenn Engagierte in den Fokus von Neonazis gerieten, bräuchte es die Solidarität aller demokratischen Kräfte und Konsequenzen für die Täter durch den Rechtsstaat, forderte Büttner. »Das ist leider nur selten der Fall«, räumte sie ein. Erst durch Selbstorganisation würden rechte Angriffe überhaupt thematisiert. Man befürchte, dass rechte Angriffe und massive Bedrohungen auf politisch Aktive im Wahljahr noch zunehmen werden, »gerade durch den allgemeinen Rechtsruck und das Erstarken der in Teilen rechtsextremen Partei AfD«, so die ezra-Koordinatorin.

Seit April 2011 unterstützt ezra - das hebräische Wort steht für Hilfe - Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen. Träger ist die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM). epd/nd

Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Dank der Unterstützung unserer Community können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen

Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.

- Anzeige -
- Anzeige -