Wer blockiert, der nicht regiert

Martin Kröger hofft, dass Rot-Rot-Grün sich berappelt

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.

Missmut, Verdrossenheit und Erfolglosigkeit, damit sind fast alle Menschen im Leben mal konfrontiert. Wenn es nicht richtig läuft, dann muss Frust abgelassen werden. Aus dieser Perspektive kann man das Agieren Michael Müllers auf dem SPD-Landesparteitag menschlich sogar nachvollziehen. Schließlich läuft es für den starken Mann der SPD, der sowohl als Landesvorsitzender die Partei leitet und als Regierender Bürgermeister den Senat, politisch extrem schlecht: 15 Prozent in den Umfragen, Platz vier hinter Grünen, LINKE und CDU, das ist nicht der Anspruch der einst so stolzen SPD in der Hauptstadt, die sich selbst unangefochten an der Spitze der Parteien wähnt.

Doch bei allem Verständnis für Frust in erfolglosen Lebensphasen sind die aggressiven Untertöne und die offensichtliche Wut, mit der der Senatschef seine Partner neuerdings öffentlich angeht, irritierend. Das wirkt hilflos. Von einem Senatschef werden jedoch gemeinhin Führung, Vermittlung und Lenkung erwartet. Aber wohl kaum das öffentliche Zelebrieren eines Beleidigtseins, nur weil die SPD keine Verschärfung des Polizeigesetzes bekommt, die so bislang nicht im Koalitionsvertrag vorgesehen war. Frei nach dem Motto: Wie Du mir, so ich Dir! Wenn Du blockierst, dann blockiere ich auch. Nur: Wer blockiert, der nicht regiert!

Eine auf persönlichen Befindlichkeiten beruhende Lähmung kann sich der rot-rot-grüne Senat indes nicht leisten. Zentrale Probleme der Stadt - Mietenkrise, Verkehrskollaps und Klimawende - sind überhaupt nicht gelöst. Das muss doch insbesondere der SPD klar sein, die in früheren Wahlkämpfen gerne mit dem Slogan »Berlin verstehen« geworben hat. Als Spitzenkraft in der Koalition könnte sie gestalten. Als Senatschef müsste Michael Müller Blockaden auflösen, moderieren und Kompromisse vorschlagen.

Stattdessen wird jetzt der Stillstand zementiert, wovon niemand in der Koalition etwas hat. Am wenigsten die SPD.

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