Dick auftragen

Jan Böhmermann hat Bundeskanzlerin Angela Merkel verklagt

Der Fernsehmoderator und Satiriker Jan Böhmermann hat Bundeskanzlerin Angela Merkel verklagt. Es geht um seine »Schmähkritik«, die er im März 2016 in seiner ZDF-Sendung »Neo Magazin Royale« vorgetragen hatte. Sie steckte voller Beleidigungen verschiedenster Art gegenüber dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan - um diesem zu demonstrieren, was man im Fernsehen nicht vortragen sollte, wie Böhmermann damals erklärte.

Denn schon vorher hatte die Türkei offiziell gegen einen anderen Fernsehbeitrag protestiert: Nachdem in der NDR-Satiresendung »extra 3« ein ironisches Lied, das die politische Repression unter Erdoğan kritisierte, erklungen war, hatte die türkische Regierung gleich zweimal den deutschen Botschafter einbestellt. Das war ein bisschen dick aufgetragen, von der Türkei, fand Böhmermann und trug deshalb noch viel dicker auf, um die Satire des NDR (erlaubt) von seiner »Schmähkritik« (nicht erlaubt) abzusetzen.

Damit aktualisierte er die alte Fernsehwarnung »Bitte nicht zu Hause nachmachen« in aller Öffentlichkeit und schuf eine weitere satirische Ebene. Erdoğan verklagte Böhmermann und der stellvertretende türkische Ministerpräsident Numan Kurtulmus behauptete, Böhmermanns Auftritt sei ein »schweres Verbrechen gegen die Menschlichkeit« gewesen. Das war natürlich noch viel dicker auftragen.

Und Angela Merkel? Entgegen anderslautender Gerüchte ist sie keine sensible Humanistin, sondern eine Politikerin, für die die Festung Europa schon an der türkischen Grenze anfängt, weshalb sich ihre Bundesregierung im »Dialog« mit den türkischen »Partnern« befindet. Auf Böhmermanns »Schmähkritik« reagierte Merkel weniger verständnisvoll und nannte sie »bewusst verletzend«. Dieses Urteil möchte ihr Böhmermann nun gerichtlich untersagen lassen. Sollte dieser Antrag abgewiesen werden, will Böhmermann in einem Hilfsantrag feststellen lassen, dass die damals von Regierungssprecher Steffen Seibert vorgetragene Einschätzung Merkels rechtswidrig gewesen sei. Ganz ohne Scherz.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal