Da haben sie den Salat

Das Studierendenwerk eröffnet Berlins erste vegane Mensa an der Technischen Universität

  • Lesedauer: 4 Min.

»Einmal buntes Wokgemüse mit Fenchel, Sellerie und Chiasamen bitte«, sagt Matthias. Das Aktionsessen ist dem 26-jährigen Physikstudent eigentlich zu teuer. Mit 4,95 Euro liegt es deutlich über den durchschnittlichen Preisen von 1,45 Euro bis 3,80 Euro pro Gericht. Dafür wird es frisch und direkt vor den Augen der Studierenden zubereitet. Hinter dem Tresen steht Nicole Graf am Wok. Als vegane Köchin hatte sich die 30-Jährige im vergangenen November beim Studierendenwerk beworben und gegen 38 Mitbewerber*innen durchgesetzt. »So viele wie noch nie«, erklärt Pressesprecherin Jana Judisch.

Seit Anfang April lief Berlins erste vegane Mensa im Testbetrieb. Offiziell eröffnete die Einrichtung auf dem Campus der Technischen Universität (TU) Berlin am Dienstag. Die ehemalige Cafeteria im Erdgeschoss der Hardenbergstraße 34 im Ortsteil Charlottenburg wurde dafür extra umgebaut. Hippe Lampen, Lounge-Sessel und helles Holz prägen nun den Flair.

Als diese am Dienstag um Punkt 11 Uhr für die Studierenden öffnet, werden die letzten Schrauben noch eingedreht. Zwei Wochen hatte der Umbau gedauert. Seit Februar feilte Nicole Graf an den Rezepturen der veganen Speisen. Insgesamt 360 verfügbare gibt es davon bislang. Kein Wunder, denn schon lange bietet das Studierendenwerk in all seinen 57 Mensen und Cafeterien vegetarische und vegane Alternativen an. Der aktuelle Speiseplan etwa, der für die nächsten sechs Wochen gilt, hat einen veganen Anteil von 41 Prozent, weitere 15 Prozent der Speisen sind vegetarisch. 33.000 Gäste versorgt das Studierendenwerk damit täglich.

Eine rein vegetarische Mensa gibt es bereits seit 2010 an der Freien Universität in Dahlem. Die »Veggie No. 1 - die grüne Mensa« wird laut Pressesprecherin Judisch regelrecht überrannt. Daran wolle die neue Mensa »Veggie 2.0 - die tiefgrüne Mensa« anknüpfen - nicht nur namentlich. 667 Studierende hatten in einem Wettbewerb Vorschläge abgegeben. Sie reichten von »BlattWERK« über »Veganeria« und »Vegantine« bis hin zu »Kill Dill«. Auch der Vorschlag »Da haben wir den Salat« wurde es am Ende nicht.

Denn die neue Mensa zeigt auch, dass vegane Ernährung nicht nur aus grünen Blättern besteht. Am Eröffnungstag gibt es Spaghetti mit veganer Bolognese, Kartoffel-Puffer, Pasta und ein Gemüse-Curry. Daneben wird es täglich ein »Klimaessen« geben, das vegan ist und einen möglichst geringen CO²-Fußabdruck hat.

Bisher werde die Mensa von den Studierenden gut angenommen, sagt Judisch. »Erklärtes Ziel war es, nicht unter die knapp 500 Gäste pro Tag, die zuvor die Cafeteria besucht hatten, zu fallen. Das haben wir sicher geschafft.« Der ein oder andere Gast sei zudem schon dazu gekommen.

So strömen gegen 11.15 Uhr auch immer mehr Studierende mit Tabletts in die neue Mensa, die Schlangen an den zwei Kassen werden länger. Direkt nebenan, in der ebenfalls neu in Betrieb genommenen gläsernen Nudel-Manufaktur, drehen sich zu diesem Zeitpunkt schon seit einer halben Stunde die Fusilli aus der riesigen Maschine. Aktuell produziert sie 30 Kilogramm Pasta am Tag. Leisten könnte sie aber bis zu 150 pro Stunde. Perspektivisch soll sie deshalb auch die weitaus größere Mensa im Obergeschoss versorgen. Dort wird es weiterhin das reguläre Angebot - mit veganen, vegetarischen, Fisch- und Fleischgerichten geben. So werden auch Fleischesser*innen in Zukunft nicht zu kurz kommen.

Bekehren wolle man hier ohnehin niemanden. »Wir haben keinen extra Veggie-Day. Den kann man bei uns jeden Tag haben - muss man aber nicht. Wir wollen nicht moralisieren«, so Judisch. Die vegane Mensa gebe es nur aufgrund der hohen Nachfrage seitens der Studierenden. »Und nicht aus einer politischen oder ideologischen Motivation unsererseits heraus«, erklärt die Pressesprecherin.

Diesen Nahrungstrend bestätigte kürzlich auch der »Vegetarierbund«: Rund zehn Prozent der deutschen Bevölkerung lebten demnach vegetarisch. Laut einer Studie des Marktforschungsinstituts Skopos verzichten darüber hinaus 1,6 Prozent der Bevölkerung gänzlich auf Ei- und Milchprodukte und ernährten sich rein pflanzlich. Die meisten davon seien zwischen 20 und 30 Jahren, 70 Prozent verfügten über einen hohen Bildungsabschluss, heißt es in der Studie. In einer eigenen Umfrage des Studierendenwerks hatten 13,5 Prozent der Berliner Studierenden angegeben, sich vegan zu ernähren. Perfekte Startbedingungen also für Berlins erste rein vegane Mensa.

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