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Im Rechtfertigungsmodus

Bei Vonovia wandern pro Euro Miete 36 Cent als Dividende in die Taschen der Aktionäre

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.

645 Millionen Euro schüttet Vonovia in diesem Jahr an seine Aktionäre aus. Das sind 1,44 Euro Dividende pro Aktie. Laut einer Berechnung der »Plattform kritischer Immobilienaktionär*innen« gingen damit je gezahltem Euro Miete 36 Cent als Dividende in die Taschen der Aktionäre. Für ein profitorientiertes Unternehmen ist das kein schlechter Wert und manch anderer Vorstandsvorsitzende eines DAX-Konzerns beneidet Vonovia-Chef Rolf Buch wohl um diese Zahlen. Die Verweigerung der Entlastung durch die Aktionäre, wie jüngst bei Bayer geschehen, muss der Vorstand des mit 350 000 Wohnungen größten deutschen Immobilienkonzerns nicht fürchten. Trotzdem hielt Buch am Donnerstag auf der Hauptversammlung des Konzerns eine defensive, sehr politische Rede.

Der Manager erwähnte den Klimaprotest der Schülerinnen und Schüler von Fridays for Future und betonte, wie wichtig die energetische Modernisierung ist, er erzählte, dass Vonvoia ganz viele Geflüchtete ausbilde und der Konzern kein Mietpreistreiber sei. Nach Modernisierungen habe die Mietsteigerung im letzten Jahr nur 1,50 Euro betragen. Das sei ein guter Wert. Wegen der »dramatisch gesunkenen gesellschaftlichen Akzeptanz« für Modernisierungen werde man in Zukunft auf Modernisierungen verzichten, die zu Mieterhöhungen von mehr als zwei Euro pro Quadratmeter führen.

Die durch das Berliner Volksbegehren »Deutsche Wohnen & Co enteignen« ausgebrochene Debatte um die Enteignung großer Immobilienkonzerne ist auch bei Vonovia angekommen. Der Protest gegen das Unternehmen wird größer. Am Mittwoch demonstrierten Mieterinitiativen vor mehreren Regionalbüros des Konzerns gegen die Unternehmenspolitik. In Stuttgart gingen rund 50 Menschen gegen die Profite der Vonvovia-Aktionäre auf die Straße. In Berlin forderten Mitglieder der Linksjugend [solid] und der LINKEN die Enteignung des Konzerns. Im Bochumer Kulturzentrum »Bahnhof Langendreer« trafen sich am Abend vor der Aktionärshauptversammlung Mitglieder von Mieterinitiativen, Mietervereinen und kritische Aktionäre aus dem ganzen Bundesgebiet.

So unterschiedlich die Städte sind, aus denen die Vonovia-Mieter kamen, so ähnlich waren die Erfahrungen, die sie mit dem Konzern machten. Monika Hohmann, die Mitglied im Mieterbeirat des Dortmunder Stadtteil Westerfilde ist, klagte über zu hohe Nebenkostenabrechnung. Ihr selbst seien trotz einer Vorauszahlung von 1500 Euro noch einmal 2000 Euro Nachzahlung abverlangt worden. In ihrem Stadtteil, den der Immobilienriese gerne als Vorzeigeprojekt für Modernisierung präsentiert, liege der Schnitt bei 3000 Euro. Diese könnten sich viele Bewohner nicht leisten.

Der Bremer Mietrechtsanwalt Valentin Weiß riet im Falle von fragwürdigen Mieterhöhungen infolge von Modernisierungen zur Klage. Kürzlich entschied in Bremen nach dem Amtsgericht auch das Landgericht eine Klage zugunsten eines Mieters. Vonovia hatte die durch notwendige Sanierungen entstandenen Kosten rechtswidrig als Modernisierungsmaßnahmen deklariert und so auf die Mieter umgelegt. Anwalt Valentin Weiß ist noch mit 40 ähnlich gelagerten Fällen beschäftigt. Der Miethai strebt eine Klärung des Falls vor dem Bundesgerichtshof an.

Vonovia führt an vielen Stellen Auseinandersetzungen mit Mietern. Das ist nicht gut für den Konzern. Setzt sich der Ruf als schlechter Vermieter durch, schadet es dem Geschäft nachhaltig. Ob das Versprechen, Mietern über 70 eine »Wohngarantie« zu geben, reicht, um den Konzern aus dem Kreuzfeuer der Kritik zu bekommen, ist fraglich. Für die Mietervereine zumindest ist diese Ankündigung noch äußerst vage.

Auf dem Treffen der Mieterinitiative in Bochum war man sich jedenfalls einig, dass Enteignungen durchaus gerechtfertigt sind. Ein Vorschlag war, beim bundesweiten »Recht auf Stadt«-Kongress am Wochenende in Hamburg, mal darüber zu sprechen, ob eine bundesweite Kampagne »Enteignet Vonovia«-Kampagne, ähnlich der Berliner Volksentscheidkampagne nicht sinnvoll wäre.

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