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Locker vom Rocker
Uwe Kalbe über das Lob Joschka Fischers für die Grünen-Parteivorsitzenden
Der einstige Grünen-Guru schaut wohlgefällig auf sein Werk. Die Grünen sind heute etwa so, wie Joschka Fischer sie sich früher immer gewünscht hat. Medientauglich, mittig, modern. Und machtbewusst. Annalena Baerbock und Robert Habeck scheinen ihm die Personifizierungen dieses Parteibegriffs zu sein. Die Parteichefs, sagt Joschka Fischer, seien »echte Rock’n’Roller«. Nun ist Rock’n’Roller eine schwer fassbare Politikerbeschreibung. Aus dem Munde Fischers, der nie Vorsitzender der Grünen war, aber lange Zeit trotzdem ihr Chef, ist ein größeres Lob jedoch kaum denkbar. Der letzte Rock’n’Roller der deutschen Politik war nach Fischers Verständnis bisher nämlich Fischer selbst.
Der Mann, der früher die Staatsmacht in Straßenkämpfen rockte und seiner eigenen Rock‘n‘Roll-Zeit in der Politik ein drittes Leben als Lobbyist von Energie- und Autokonzernen folgen ließ, hatte mit den Grünen seine liebe Not, als er die vermeintliche Pazifistenpartei in den Krieg gegen Jugoslawien führte. Da konnte man ihn böse über linke Spinner schimpfen hören, weil die sich nur so langsam anzupassen bereit waren. Inzwischen ist er nicht nur mit den Grünen versöhnt, sondern er findet, dass die Welt sich jetzt auf ihre Programmatik zubewegt. Nachdem die Programmatik der Grünen sich der Fischer’schen Weltsicht angeglichen hat, mag nun getrost auch die Welt selbst folgen. Ein Rocker vielleicht nicht, aber Parteivorsitzende sollten stutzig werden.
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