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Mit einer Bombe ins EU-Parlament
Nach aktuellen Prognosen könnten drei Kandidaten der Satirepartei Die PARTEI nach Brüssel gehen
»Ich will natürlich ins EU-Parlament. Denn ich wollte schon immer mal Limousine fahren!«, antwortet Lisa Bombe auf die Frage, was für Lebensziele sie habe. Sie steht auf Listenplatz 3 der Satirepartei Die PARTEI (Partei für Arbeitsschutz, Rechtsstaatlichkeit, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative). Nach aktuellen Prognosen des »Europatrend« von Infratest dimap legt die Satirepartei zu: Drei Prozent der Wahlberechtigten in Deutschland können sich vorstellen, dieser Partei ihre Stimme bei der bevorstehenden Europawahl zu geben.
Werden diese Prognosen Wirklichkeit, dann würden nicht nur der Ex-»Titanic«-Chefredakteur und PARTEI-Vorsitzende Martin Sonneborn, sondern auch Nico Semsrott und Lisa Bombe in das EU-Parlament einziehen. Sollte die PARTEI mehr als drei Prozent erhalten, könnte es eventuell auch noch für Bennet Krieg (Listenplatz 4), Kevin Göbbels (Listenplatz 5) und Tobias Speer (Listenplatz 6) reichen.
Über diese mit der NS-Vergangenheit verbundene Nachnamen berichteten bereits zahlreiche Medien. Doch wie es dazu kam, dass sie auf der Kandidat*innenliste so weit vorne stehen und wer hinter diesen Menschen steckt, ist unklar.
»Verwirrte AfD-Wähler abfischen«
Georg Behrendt, Mitarbeiter im Europaparlament von Martin Sonneborn, sagt: »Das sind alles Menschen, die vorher schon in der PARTEI Mitglied waren. Wir sind nicht extra auf diese Menschen zugegangen und haben sie angeworben, Mitglied zu werden.« Tatsächlich wurden Bombe, Krieg, Göbbels und Speer von Sonneborn angerufen und gefragt, ob sie sich den jeweiligen Listenplatz vorstellen könnten. Bereits im August 2018 sagte Sonneborn nach Vorstellung der Kandidat*innenliste zum »Handelsblatt«: »Wir wollen mit dieser Liste verwirrte AfD-Wähler abfischen und sehr alte, demente CDU-Wähler.«
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»Ich wurde von Martin Sonneborn angerufen und er erzählte mir von seiner Idee«, sagt Bombe zu »neues deutschland«. »Dann fragte er mich, ob ich den Platz 3 übernehmen möchte. Er sagte, ich muss nichts tun, außer im schlimmsten Fall ein EU-Mandat annehmen.« Aktuell arbeitet die Anfang Dreißigjährige als Sachbearbeiterin im Meldewesen bei der Stadt Hamburg. Seit 2014 ist sie Mitglied in der PARTEI. »Wenn das mit dem EU-Parlament nicht klappt, dann bleibe ich bis zur Rente im Öffentlichen Dienst. Das ist mein Plan und Ziel«, so Bombe gegenüber »nd«.
Keine Verbindungen zu NS-Familien
Auch ihr Parteikollege Tobias Speer erzählt von einem Anruf vor Bekanntgabe der Kandidat*innenliste. Natürlich sei er wegen seines Nachnamens und der anwachsenden rechtsextremen Gruppierungen im EU-Parlament gefragt worden. »Ich finde, ich habe da noch den harmlosesten Namen«, so Speer. Er ist jedoch nicht mit der Familie des Nationalsozialisten Albert Speer verwandt, der im dritten Reich als Architekt und Reichsminister für Bewaffnung und Munition eine tragende Rolle spielte. »Man sollte nicht vergessen, das wir alle nur diese Namen tragen, aber keine Verbindung zum Rechtsextremismus besteht«, stellt Tobias Speer klar.
Speer wurde 2015 PARTEI-Mitglied, als die Satirepartei mit dem Verkauf von 100 Euro-Scheinen zum Preis von 105 Euro auf sich aufmerksam machte. Ziel dieser Aktion war es, den Goldverkauf der AfD und das Gesetz zur Parteienfinanzierung zu problematisieren. Das damals geltende Gesetz ermöglichte es, nur Umsätze zu verbuchen und die Parteikasse mit Hilfe der staatlichen Zuschüsse für diese zu füllen. Bei der AfD wurde der Umsatz systematisch durch den Goldhandel aufgebläht und brachte der Partei rund zwei Millionen Euro ein. Mittlerweile wurde das Gesetz reformiert, die Parteien können nur noch den Profit aus gewerblicher Tätigkeit und nicht mehr der gesamten Umsatz verbuchen. Seither lohnen sich solche Geschäfte nicht mehr.
Momentan macht Speer eine Ausbildung zum Fachinformatiker und ist im zweiten Lehrjahr. Zu politischen Zielen äußert er sich nicht, außer dass er zum »Grundgedanken der PARTEI« stehe und diesen weiterführen werde. Auch Bombe hält sich mit politischen Statements zurück: »Darüber spreche ich erst, wenn ich gewählt bin - und dementsprechend auch dafür bezahlt werde«, sagt sie.
Dennoch engagiert sich Bombe bei der aktuellen Wahlkampftour der PARTEI. Sie war in Berlin, Bremen und Hamburg. Dort hat sie Reden gehalten und war an den Informationsständen ansprechbar. Ansonsten führt sie den Wahlkampf über soziale Medien. Ihrer Facebook- und Instagramseite folgen mehr als 1000 Menschen.
Unter ihrem Nachnamen hat Bombe übrigens nicht gelitten. In der Schulzeit hätten Mitschüler*innen zwar gelacht, »aber nur beim ersten Hören und dann war es wieder vergessen«. Heutzutage dürfe sie sich nach einer ersten Vorstellung immer einen »Bomben-Spruch« anhören, doch mittlerweile kenne sie »alle schlechten Sprüche - und die guten«. Eines ist klar: Sollte die PARTEI bei der Europawahl drei Prozent der Stimmen erreichen, zieht erstmals eine Bombe in das Parlament in Straßburg ein. Sie selbst hätte das nicht gedacht: »Aus Spaß wird Ernst, aber ich bin bereit«, sagt Bombe.
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