Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch

Rund um das Urlaubsgeld: zwischen Pflicht und Kür

  • Lesedauer: 4 Min.

Urlaubsgeld ist - genau wie das Weihnachtsgeld - eine freiwillige finanzielle Zusatzleistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer. Beim Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld spricht man auch vom 13. bzw. 14. Monatsgehalt.

Vorweg: Grundsätzlich muss man zwischen dem Urlaubsgeld und dem Urlaubsentgelt unterscheiden. Beim Urlaubsentgelt handelt es sich um die ganz normale Lohnfortzahlung, die man während der Urlaubszeit erhält. Das Gehalt wird also nicht reduziert, wenn man wegen Urlaub weniger Tage im Betrieb ist.

Für fast jeden Zweiten gibt es Urlaubsgeld

Fast jeder zweite Beschäftigte in Deutschland bekommt einer Studie zufolge Urlaubsgeld. In Unternehmen mit Tarifvertrag sind es mehr als zwei Drittel der Mitarbeiter (69 Prozent), wie aus einer Analyse des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung hervorgeht.

In Kleinbetrieben mit weniger als 100 Beschäftigten erhalten der Analyse zufolge nur 37 Prozent der Beschäftigten Urlaubsgeld. In größeren Betrieben mit über 500 Mitarbeitern liegt der Anteil bei 61 Prozent.

Dabei gibt es einen großen Ost-West-Unterschied. Im Westen bekommen fast die Hälfte (49 Prozent) der Beschäftigten Urlaubsgeld, im Osten sind es nur rund ein Drittel (35 Prozent). Hier wirke sich die geringe Tarifbindung der Unternehmen in Ostdeutschland spürbar zulasten der Beschäftigen aus.

Durchschnittlich können 50 Prozent der Männer, aber nur 41 Prozent der Frauen mit Urlaubsgeld rechnen. Hier komme zum Tragen, dass in den Berufen mit einem hohen Männeranteil überdurchschnittlich häufig Urlaubsgeld gezahlt werde. In Berufen mit hohem Frauenanteil (etwa im Sozial- und Gesundheitsbereich) sei dies deutlich seltener der Fall.

Die Höhe des Urlaubsgeldes schwankt stark je nach Branche zwischen 155 und 2450 Euro in der mittleren Vergütungsgruppe. Am wenigsten Geld für die Urlaubskasse bekommen Beschäftigte in der Landwirtschaft und im Hotel- und Gaststättengewerbe. Über sehr hohe Zahlungen können sich dagegen Arbeitnehmer etwa in der Holz- und Kunststoffverarbeitung, in der Metallindustrie und im Versicherungsgewerbe freuen. Im Öffentlichen Dienst gibt es kein gesondertes Urlaubsgeld. Es wird mit dem Weihnachtsgeld zu einer einheitlichen Jahressonderzahlung zusammengefasst.

In 11 von 22 untersuchten Branchen konnten sich die Beschäftigen zuletzt über eine Erhöhung des Urlaubsgeldes gegenüber dem Vorjahr freuen. Die Anhebungen schwankten in den meisten Branchen zwischen 1,0 und 8,7 Prozent. Besonders kräftig fiel die Erhöhung in der chemischen Industrie aus, wo das Urlaubsgeld nahezu verdoppelt wurde. dpa/nd

Freiwillige Sonderzahlung des Arbeitgebers

Das Urlaubsgeld ist eine freiwillige Sonderleistung des Arbeitgebers an Arbeitnehmer, die als Zuschuss zu urlaubsbedingten Aufwendungen dienen soll und die zusätzlich zum regulären Gehalt gezahlt wird. Eine gesetzliche Regelung für die Zahlung von Urlaubsgeld gibt es nicht. Anders ausgedrückt: Arbeitnehmer haben keinen gesetzlichen Anspruch auf Urlaubsgeld.

Allerdings können vertragliche Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu der Entstehung eines Anspruchs führen. Ein Anspruch auf Urlaubsgeld kann dann im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung festgeschrieben sein.

Die Auszahlung des Urlaubsgelds ist in der Regel nicht direkt an den Zeitpunkt des Urlaubs gekoppelt. Das Urlaubsgeld ist Bestandteil des Jahresgehalts und kann entweder als Festbetrag oder prozentual an den Monatslohn gekoppelt ausgezahlt werden. Hat der Arbeitgeber das Urlaubsgeld als Einmalzahlung festgesetzt, wird es meist im Mai- oder Junigehalt ausgezahlt.

Wer bekommt Urlaubsgeld?

Die Zahlung des Urlaubsgeldes ist möglicherweise an bestimmte individuelle Vereinbarungen gebunden. Beispielsweise lassen sich bestimmte Wartefristen bis zur erstmaligen Zahlung vereinbaren. Auch ist es möglich, dass kein oder nur ein anteiliges Urlaubsgeld gezahlt wird, wenn man in Elternzeit, über einen längeren Zeitraum krank oder erst seit weniger als einem Jahr in dem Betrieb beschäftigt ist.

Die Höhe der Urlaubszahlung ist unterschiedlich und nicht festgelegt. Dabei richtet sie sich nach der Branche, dem Unternehmen und der Dauer der Betriebszugehörigkeit.

In jedem Fall ist das Urlaubsgeld komplett steuer- und sozialabgabenpflichtig, da es in dem Monat der Auszahlung auf den regulären Lohn draufgeschlagen wird. Dadurch verringert sich der eigentliche Betrag des Urlaubsgelds. Doch dadurch, dass man auf diese Weise etwas mehr in seine Rentenversicherung einzahlt, wirkt sich das auch positiv auf die spätere Rente aus.

Urlaubsgeld und Kündigung

Wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt wurde, aber derjenige noch Anspruch auf Urlaubstage hat, diese aber nicht in Anspruch nehmen kannst, müssen sie finanziell abgegolten werden. Auch (anteiliges) Urlaubsgeld ist selbst im Falle einer Kündigung fällig. Sogar im Todesfall können Angehörige noch Anspruch auf Urlaubsgeld erheben, falls zum Todeszeitpunkt das Urlaubsgeld zwar fällig, aber noch nicht ausgezahlt wurde.

Streichung von Urlaubsgeld

Gerade in wirtschaftlich schwachen oder unsicheren Zeiten versuchen Arbeitgeber von freiwilligen Zusatzleistungen zurückzutreten oder diese zu kürzen. Auf diese Weise wollen sie Personalkosten sparen. Ist das Urlaubsgeld im Tarifvertrag, in den Betriebsvereinbarungen oder im Arbeitsvertrag festgeschrieben, ist das jedoch nicht so ohne Weiteres möglich. Dann muss neu verhandelt werden.

Selbst wenn keine vertragliche Vereinbarung existiert, kann der Arbeitgeber das Urlaubsgeld unter bestimmten Voraussetzungen nicht einfach streichen. Hat der Arbeitgeber drei Jahre in Folge einen gleichbleibenden Betrag als Urlaubsgeld ohne ausdrücklichen Vorbehalt ausgezahlt, dann gilt das als so genannte Betriebliche Übung (»Gewohnheitsrecht«).

Durch die betriebliche Übung werden freiwillige Leistungen des Arbeitgebers zu verpflichtenden, denen sich der Arbeitgeber nicht mehr einseitig entziehen kann. Er kann die Zahlung also nicht ohne Weiteres einstellen, sondern muss drei Jahre in Folge mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass die Sonderleistung in Zukunft eingestellt wird, zahlen. Legt aber keiner der Arbeitnehmer Widerspruch ein, gilt die betriebliche Übung als aufgehoben, und der Arbeitgeber muss kein Urlaubsgeld zahlen.

Es ist allerdings ebenso möglich, dass die Zahlung der Leistung an die Gewährung des Urlaubes gebunden ist. Weiterhin kann es passieren, dass Mitarbeiter in der Elternzeit kein Urlaubsgeld bekommen.

Gleiches Recht für alle

Gibt es in einem Betrieb Urlaubsgeld oder ähnliche Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld, gilt allerdings die Regel »Gleiches Recht für alle«: Teilzeitkräfte oder Minijobber müssen dann laut Verdi ebenso Urlaubsgeld bekommen. nd

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