Schauen, ob mehr geht

Leitlinien zur Bürgerbeteiligung in der Stadtentwicklung veröffentlicht

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Neun Grundsätze und fünf Instrumente bilden den Rahmen der «Leitlinien für Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an der Stadtentwicklung», die das 24-köpfige Arbeitsgremium aus Stadtgesellschaft, Politik und Verwaltung in den letzten anderthalb Jahren erarbeitet hat und die am Montag veröffentlicht wurden.

«Für das Arbeitsgremium ist das kein Entwurf mehr», stellt Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (LINKE) am Montagmorgen bei einer Pressekonferenz klar. Sie äußert die Hoffnung, dass das Abgeordnetenhaus, das das letzte Wort hat, diesen Entwurf auch in der vorliegenden Form verabschiedet. Denn die Mitglieder des Gremiums haben mehr als 2000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit aufgewendet, in der Online-Beteiligung wurden rund 1000 Anregungen eingebracht.

Für Kerstin Njoya, die sich ehrenamtlich als Bürgerin im Arbeitsgremium engagiert hat, geht es um die Frage: «Wie kann ich die Menschen wieder motivieren?» Viele fühlten sich «ganz müde» und sagten, sie könnten sowieso nichts mehr erreichen bei Projekten. «Ich möchte zumindest mal versucht haben zu schauen, ob da nicht mehr geht», so Njoya. «Ein Ziel unserer Arbeit war es, Werkzeuge zu schaffen, die andere Kreise ansprechen können als jene, die guten Zugang zu Medien und Öffentlichkeit haben», sagt Matthew Griffin, ein weiterer Ehrenamtler des Gremiums.

Als «wirkliche Neuerung bezeichnet die Grünen-Abgeordnete Susanna Kahlefeld die in den Leitlinien vorgesehene Vorhabenliste, die, zumindest in der Internetversion, als interaktive Karte funktionieren soll. »Möglichst barrierefrei, möglichst einfach formuliert« sollten die Stadtentwicklungsprojekte sowohl der verschiedenen Senatsverwaltungen als auch der Bezirke dort aufgelistet sein, so Kahlefeld. Teilweise haben die Bezirke bereits, wie Mitte, ihre eigenen Leitlinien aufgestellt, andere sind gerade dabei und weitere wollen das Senatskonzept noch umsetzen.

Auch für die landeseigenen Betriebe wie Wohnungsunternehmen, Verkehrs- oder Wasserbetriebe sollen die Leitlinien maßgeblich sein, versichert Lompscher. »Wir laden auch Private ein, ihre Vorhaben mit unserem Instrumentarium voranzubringen«, so die Senatorin.

Im Frühjahr hatten die Amtsleiter aller zwölf bezirklichen Stadtplanungsämter in einem gemeinsamen Brief deutliche Kritik an den geplanten Leitlinien geäußert. Inzwischen sei das Verhältnis »überwiegend konstruktiv«, sagt Lompscher. Was auch daran liege, dass im Haushaltsentwurf 2020/2021 inzwischen finanzielle Ressourcen für die Anlaufstellen für die Beteiligung vorgesehen seien. 400 000 Euro zusätzlich sind für die Senatsebene vorgesehen, 1,8 Millionen Euro für die Bezirke. »Ich bin überzeugt, dass wir einen Kulturwandel erleben werden. Die Ausweitung der Beteiligung ist auch eine Ausweitung der Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger«, sagt die Senatorin.

Lesen sie auch den Kommentar: Zeichen der Zeit erkennen. Nicolas Šustr über Industrie- und Handelskammer, denen Bürgerbeteiligung dann doch zu lange dauert.

Kahlefeld, die Sprecherin für Beteiligung ihrer Fraktion ist, glaubt, dass sich Bürger durch die größere Transparenz bereits frühzeitig in Prozesse einbringen können. Und nicht erst wie jetzt häufig, wenn es schon zu spät ist und die Bagger rollen.

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