Linke-Landeschef Walter tritt zurück

Dem 35-Jährigen werden unangemessenes Verhalten und ausstehende Zahlungen vorgeworfen

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Sebastian Walter im Januar 2024, als er zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl bestimmt wurde
Sebastian Walter im Januar 2024, als er zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl bestimmt wurde

Zuletzt hatte Brandenburgs Linke-Landesvorsitzender Sebastian Walter sein Amt schon nicht mehr ausgeübt – aus gesundheitlichen Gründen, wie es hieß. Nun teilte der 35-Jährige seinen Genossen am Mittwoch mit, dass er zurücktrete, sein Amt »endgültig niederlege«.

»Ich habe mein Amt bereits ruhen lassen, weil ich gemerkt habe, dass ich den Anforderungen der letzten Monate nicht mehr gerecht werden konnte«, steht in einer Erklärung Walters, die dem »nd« vorliegt. Jetzt sei der richtige Moment, den Posten abzugeben. Er brauche Zeit für seine Familie und für sich. Die Partei wiederum brauche Klarheit und Ruhe.

»Dieser Schritt ist für mich notwendig, und ich hoffe, er gibt auch dem Landesverband die Klarheit und Ruhe, die er jetzt braucht.«

Sebastian Walter

»Wir haben viel bewegt, viel ausgehalten und viel geschafft, und ich bin dankbar für das Vertrauen, das ihr mir über all die Jahre entgegengebracht habt«, schreibt Walter den Parteimitgliedern. »Ich bin fest überzeugt, dass unser Landesverband mit der Energie der vielen engagierten Aktiven und neuen Mitglieder gut aufgestellt ist und den gemeinsamen Weg des Wiederaufbaus der Linken in Brandenburg weitergehen wird.«

Einerseits sind seit Ende 2023 mehr als 2000 Brandenburger der Linken beigetreten. Allein 1600 Eintritte verzeichnete der Landesverband im laufenden Jahr. Er zählt jetzt etwa 5450 Genossen. Bei der Bundestagswahl im Februar erzielten die Sozialisten in Brandenburg 10,7 Prozent. Bei der Landtagswahl, nur fünf Monate zuvor, hatten sie den Wiedereinzug in den Landtag jedoch verpasst.

Auch in Sachsen und Thüringen musste die Partei im Jahr 2024 herbe Verluste hinnehmen; aber Brandenburg ist das erste und einzige ostdeutsche Bundesland ohne Linksfraktion. Weil Sebastian Walter Landes- und Fraktionsvorsitzender sowie Spitzenkandidat für die Landtagswahl war, verbindet sich der Misserfolg mit seinem Namen und Gesicht, auch wenn es nicht seine Schuld gewesen sein mag, sondern den Zeitumständen geschuldet war.

Am Mittwoch berichtet der »Tagesspiegel« nun, Hintergrund des Rücktritts von Walter seien dem Vernehmen nach Vorwürfe des Amtsmissbrauchs und Verstöße gegen die Awareness-Regeln der Partei, außerdem Mietschulden für sein Wahlkreisbüro in Eberswalde sowie etwa 25 000 Euro Mandatsträgerbeiträge, die Walter als Landtagsabgeordneter nicht an die Partei abgeführt habe.

Landesgeschäftsführer Stefan Wollenberg bestätigt am Mittwoch nur, dass Walter zurückgetreten ist, und will sich nicht weiter zur Sache äußern. Sebastian Walter selbst sagt: »Die Behauptungen sind unwahr.« Er sagt es dem »Tagesspiegel« und sagt es auch dem »nd«.

Brandenburgs Linke hatte bisher eine Doppelspitze und hat nach dem Rücktritt von Sebastian Walter immer noch Katharina Slanina als Landesvorsitzende. Slanina hatte Ende November einen Landesparteitag im Potsdamer Seminaris-Seehotel eröffnet, bei dem Sebastian Walter schon gefehlt hatte.

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