Alles zählt, was kreucht und fleucht

NABU-Insektenexpertin Daniela Franzisi über das richtige Zählen beim Insektensommer

  • Lesedauer: 4 Min.

nd: Vom 2. bis 11. August ruft der Naturschutzbund Deutschland alle Naturfreunde zum Insektenzählen auf, bereits zum zweiten Mal in diesem Sommer. Was ist der optimale Tag, um Insekten zu beobachten?
Franzisi: Der optimale Tag ist sonnig, warm, windstill und trocken. Dann sind die meisten Insekten zu sehen, denn sie benötigen die Wärme, um ihre Muskeln in Bewegung zu halten und sich gut bewegen zu können. Insekten stehen also auf richtiges Sommerwetter, so wie wir Menschen.

Wie genau zähle ich die Insekten, die mir vor die Lupe kommen? Jede Art nur einmal?
Bei mobilen Arten wie Schmetterlingen oder Hummeln wird von jeder Art die größte gleichzeitig anwesende Zahl von Tieren gezählt. Wenn am Anfang der Beobachtungszeit ein Kohlweißling vorbeifliegt und eine halbe Stunde später noch einmal einer, könnte es beide Male derselbe sein. Gemeldet wird in diesem Fall also nur ein Kohlweißling.

Insekten-App
Mit der kostenlosen App »NABU-Insektenwelt« kann man die häufigsten heimischen Insekten bestimmen, kartieren und melden:

www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/aktionen-und-projekte/insektensommer/mitmachen/24466.html

Mehr Informationen zum Insektensommer finden Sie unter:
www.insektensommer.de

Muss ich jede Insektenart kennen, die gezählt wird?
Nein - die Aktion ist gerade für das Entdecken der Insekten gedacht und soll für viele Anlass sein, sich erstmals mit diesen Tieren zu beschäftigen. Aus diesem Grund gibt es ein Stufenmodell. Je nachdem, wie klar das jeweilige Insekt bestimmt werden kann, gibt man zum Beispiel Schmetterling, Weißling oder die direkte Art Zitronenfalter an. Auch kein Experte kennt alle Insekten in Deutschland - es sind etwa 33 000 unterschiedliche Arten.

Dürfen Spinnen mitgezählt werden?
Bei dieser Zählung beschränken wir uns auf die Sechsbeiner und damit auf die Insekten. Achtbeiner wie die Spinnen werden nicht erfasst, auch wenn sie ebenfalls sehr wichtig für die Ökosysteme sind und vom Insektensterben direkt betroffen - ohne Insekten auch weniger Spinnen. Auch Asseln sollen nicht erfasst werden. Sie gehören zu den Krebstieren.

Gibt es eine App, die mir bei der Bestimmung weiterhilft?
Der NABU hat die kostenlose App »NABU Insektenwelt« entwickelt. Hier sind 122 unterschiedliche Arten mit Bildern und Infos hinterlegt. Wer ein Foto von dem jeweiligen Insekt macht und das Bild in der App hochlädt, bekommt per Bilderkennung angezeigt, um welches Tier es sich handelt. Für viele Menschen eine erste Hilfe, um auch direkt vor Ort Maikäfer und Co. mit Namen bestimmen zu können.

Was ist das ideale Beobachtungsgebiet?
Der Beobachtungsraum sollte maximal zehn Meter im Umkreis - 20 Meter im Durchmesser - umfassen. Es geht beim Insektensommer um die Zählung in einem überschaubaren Gebiet. Es handelt sich bei der Meldung um eine Punktzählung. Das heißt: Alle Tiere, die in diesem Umkreis erfasst werden, werden einem gemeinsamen Beobachtungsort zugeordnet.

Wo überall kann ich Insekten zählen?
Beobachtet werden kann überall - im Garten, Park, Wald, auf dem Feld, der Wiese, am Fluss, Bach und Teich, sogar auf dem Balkon. Im Meldeformular sind viele spezielle Lebensbereiche für Insekten angegeben. Es kann auch der Blumentopf auf dem Balkon sein, der Marienkäfern und Blattläusen als Lebensraum dient. Damit später die Auswertungen auch Aussagen über die Häufigkeit der Insekten im jeweiligen Lebensraum zulassen, soll angegeben werden, wo welches Insekt gerade wohnt. Der Luftraum zählt übrigens ebenso dazu.

Für die Insektenzählung im August hat der NABU acht Kernarten ausgewählt - warum? Und welche Arten sind das?
Die acht Kernarten für August sind: Grünes Heupferd, Kleiner Fuchs, Schwalbenschwanz, Streifenwanze, Blaugrüne Mosaikjungfer, Ackerhummel, Holzbiene und Siebenpunkt-Marienkäfer. Diese Tiere sind im Hochsommer gut zu sehen. Sie kommen deutschlandweit noch recht häufig vor und lassen sich auch mit bloßem Auge gut beobachten und recht eindeutig erkennen.

Was fängt der NABU mit den gesammelten Daten an?
Die Ergebnisse erscheinen nach der Eingabe per App oder Onlineformular jedes Teilnehmers und gehen beim NABU als Datensatz ein. Anschließend werden die Beobachtungsdaten überprüft und erkennbare Fehler korrigiert. Am Ende steht eine bundesweite Auswertung nach Insektenarten, Bestandszahlen, Bestandstrends und Beobachtungsorten mit geografischer Verteilung zur Verfügung. Der NABU analysiert die Ergebnisse und erhält dadurch eine Fülle wertvoller Informationen zu den Insekten. Diese können wiederum eine wichtige und hilfreiche Grundlage für Aktivitäten zum Insektenschutz sein.

Das Gespräch führte Anke Ziebell

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