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Wenig Hoffnung auf Einigung

Die Gespräche zum Zollstreit zwischen den USA und China werden wohl wenig bewegen

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 4 Min.

Die in dieser Woche wieder beginnenden Gespräche mit China sollten neuen Schwung in die Debatte um die Zölle zwischen den zwei wirtschaftlichen Schwergewichten bringen. Doch nun hat der Direktor des nationalen Wirtschaftsrates der USA, Larry Kudlow, erstaunlich offen seine pessimistische Beurteilung der Lage eingeräumt. »Ich würde keinen großen Deal erwarten«, sagte Kudlow dem US-amerikanischen Nachrichtensender CNBC am Freitag. »Nachdem ich mit unseren Verhandlungsführern gesprochen habe, denke ich, dass sie die Dinge wieder in geordnete Bahnen lenken werden und hoffentlich an die Stelle zurückkehren, wo die Gespräche im vergangenen Mai aufgehört haben.«

Augenscheinlich ist das eine sehr geringe Erwartung, angesichts dessen, dass sich amerikanische und chinesische Verhandlungsführer darauf vorbereiten, die Gespräche diesen Dienstag in Shanghai wieder aufzunehmen. Die Gespräche waren im Mai gescheitert, nachdem Präsident Donald Trump behauptet hatte, dass die chinesischen Verhandlungsführer bei wichtigen Fragen ihre Meinung geändert hätten.

Die USA haben Zölle auf chinesische Waren im Wert von 200 Milliarden US-Dollar (180 Milliarden Euro) erhoben, um Peking zu Zugeständnissen im Handelsstreit zu zwingen. Der US-Präsident hatte sogar mit weiteren Zöllen auf chinesische Waren im Wert von 300 Milliarden Dollar (270 Milliarden Euro) gedroht, als Zeichen des guten Willens diese Maßnahme aber verschoben, bevor die Gespräche starten. Derzeit beläuft sich das Handelsdefizit der USA gegenüber China auf rund 400 Milliarden US-Dollar (360 Milliarden Euro). Dieses hohe Defizit ist Präsident Trump seit Langem ein Dorn im Auge.

Ziel der US-amerikanischen Regierung ist es, dass China einige Gesetze und Aktionen der Handelspolitik ändert. Das betrifft zum einen Vorschriften, die ausländische Unternehmen verpflichten, im Inland mit chinesischen Unternehmen zusammenzuarbeiten und so ihr geistiges Eigentum aufzugeben. Außerdem geht es um chinesische Bemühungen, geistiges Eigentum in den USA zu stehlen, und um Subventionen aus Peking für Unternehmen, die mit US-amerikanischen Unternehmen konkurrieren, insbesondere in der fortgeschrittenen Fertigung. Zudem sind weitere Nebenschauplätze bei den Verhandlungen zur Lösung des Handelskrieges aufgetaucht. Der Streit dauert bereits mehr als ein Jahr an. Chinesische Beamte fordern beispielsweise, dass die USA die Verbote für Huawei Technologies aufheben, den größten Anbieter von Telekommunikationsgeräten der Welt.

Amerikanische Kritiker hatten gewarnt, dass Huawei Chinas kommunistischen Führern helfen könnte, Amerikaner auszuspionieren. Als Reaktion darauf schlug Trump vor, die Exporte amerikanischer Halbleiter, die für Huawei von entscheidender Bedeutung sind, ab dem 19. August zu blockieren. Der Schritt würde das in Shenzhen ansässige Unternehmen empfindlich treffen. Amerikanische Beamte haben auch die Tochter des Gründers von Huawei verhaften lassen und behauptet, sie habe gegen Sanktionen gegen Iran verstoßen, als sie noch Chief Financial Officer (CFO) des Unternehmens war.

Der Handelsberater des Weißen Hauses, Peter Navarro, forderte, den Halbleiterhandel mit Huawei auf eine Milliarde Dollar (900 Millionen Euro) pro Jahr zu begrenzen, verglichen mit dem Handel des Vorjahres von elf Milliarden Dollar (9,9 Milliarden Euro).

US-Technologieriesen wie Intel sind über diese Ankündigung nicht erfreut. Sie fürchten um finanzielle Einbußen, da sie mit Huawei Geschäfte machen. Nach einem kürzlichen Treffen mit Trump im Weißen Haus betonten einige Tech-Chefs, dass sie Navarros Ansichten oder die Politik des Präsidenten nicht unterstützen. »Wir schätzen es, dass wir uns unseren Kollegen, die am heutigen Wirtschaftstreffen im Weißen Haus teilnehmen, anschließen und die Perspektive von Intel zu wirtschaftlichen Fragen dort vorbringen können. Einschließlich der Frage, wie sich die aktuelle Handelssituation mit China auf die kritische US-Halbleiterindustrie auswirkt«, sagte Intel in einem Statement.

Amerikanische Verhandler berichteten kürzlich, einen Durchbruch mit den Chinesen in puncto amerikanische Lebensmittel erreicht zu haben. Die Chinesen hätten die Abnahme größerer Mengen an Nahrungsmitteln zugesagt. Von chinesischer Seite wurde diese Meldung jedoch nicht bestätigt.

Die chinesische Führung zeigt sich derzeit nicht anfällig für amerikanische Manöver. Sie haben kürzlich ihr Verhandlungsteam neu zusammengestellt und dem Handelsminister Zhong Shan eine größere Rolle in den Diskussionen eingeräumt. Er scheint ein Hardliner zu sein, der sich nicht von amerikanischen Drohgebärden einschüchtern lässt. »Wir sollten einen Kampfgeist aufrechterhalten, die nationalen und volkswirtschaftlichen Interessen entschlossen wahren und das multilaterale Handelssystem entschlossen schützen«, sagte Zhong der regierungseigenen Zeitung »People’s Daily«. Kudlow könnte recht haben.

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