Erbarmen, die Staatschefs kommen!
Biarritz erwartet den G7-Gipfel
Berlin. Viele Menschen in Biarritz und den Nachbarortschaften sind sauer. Dass der G7-Gipfel am kommenden Wochenende ausgerechnet in der Haupturlaubssaison und ausgerechnet in der französischen Touristenhochburg stattfindet, stößt auf Unverständnis. Der Gipfel sei Biarritz und der Region aufgezwungen worden, sagt Joseba Alvarez, der den Gegengipfel mitorganisiert, im nd-Interview. »Viele machen im August einen guten Teil der Umsätze fürs ganze Jahr. Theoretisch dauert der Gipfel mit den Staats- und Regierungschefs von sieben Industrieländern nur drei Tage, real wird die Region polizeilich-militärisch zwei Wochen besetzt«, kritisiert der Sprecher der baskischen Organisation Freies Baskenland. Neben Flughafen, Straßen und Zugverbindungen werden auch die Strände gesperrt - für Alvarze ein politisches und ökonomisches Desaster für die Region. Und so nehmen auch Bürgermeister der Region an den Protesten der Gipfelgegner teil. Wie etwa Kotte Ezenarro aus Hendaye. In der Ortschaft wird das Camp der Gipfelgegner aufgeschlagen. Viele nennen den Beschluss des Staatschefs Emmanuel Macron, das Seebad und Surferparadies im August quasi stillzulegen, verrückt.
Bereits am Montag trifft sich sich Macron an seinem Ferienort Fort Brégançon mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu einem Arbeitsessen. Der französische Präsident, der turnusmäßig den G7-Staaten vorsitzt, will den Draht zu Russland aufrecht erhalten, das weiterhin vom Gipfel ausgeschlossen ist.
Macron wittert mit der internationalen Bühne die Chance, aus der innenpolitischen Krise zu kommen, in der er angesichts der Gelbwestenproteste und seiner neoliberalen Reformen steckt. Gegenprotest ist da unerwünscht - 10 000 Polizisten sind ins Baskenland verlegt werden, der Tagungsort in Biarritz wird zur Hochsicherheitszone, das Gericht in Bayonne wurde mit Containern für Schnellverfahren ausgebaut, Auffanglager für Flüchtlinge wurden geräumt, um Platz für Gefangene zu schaffen.
All dies wird die Demonstranten wohl kaum aufhalten. In Frankreich wird ein heißer Herbst erwartet. Dieser könnte diese Woche mit dem Beginn des Gegengipfels in Südfrankreich beginnen. ais
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