- Kommentare
- Zweiter Weltkrieg
Polen in »Welt« und Welt
Stephan Fischer über Anzeigen zum 1. September
Nicht wenige Leser der gedruckten »Welt« dürften angesichts der Titelseite am Freitag gestutzt haben: Auch wenn sie wie alltäglich aufgemacht war, handelte es sich um eine »Anzeigensonderveröffentlichung der Polnischen Nationalstiftung« zum 1. September über die gesamten Seiten 1 und 2. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki ist Autor des Aufmachers, das Titelbild zeigt Teile der komplett zerstörten Altstadt Warschaus 1945. Daneben erscheinen, wie auch auf Seite 2, Artikel u. a. von Soziologen und Historikern, die die polnische Sicht auf den Zweiten Weltkrieg und seine Folgen darlegen. Ähnliche - nicht billige - Anzeigen gibt es in weiteren europäischen und US-amerikanischen Zeitungen.
Nun kann es nicht schaden, Zeitungslesern auf der Welt und in der »Welt« Folgendes vor Augen zu führen: den Doppelüberfall von 1939. Dass in Polen der Auftakt zum deutschen Vernichtungskrieg stattfand. Von unsagbaren Grausamkeiten der Besatzer und unbeugsamem Widerstand, Zerstörung von Städten, Raub von Kulturschätzen.
Dass die Wahl der Polnischen Nationalstiftung hierfür auf die rechtskonservative »Welt« fiel, um die deutsche Öffentlichkeit anzusprechen, erstaunt dabei nicht. Dass die CDU sich »leider, immer stärker nach links« entwickelt, die AfD in Teilen »konservativ und patriotisch« ist, würden viele »Welt«-Leser unterschreiben - auch wenn es die Worte des polnischen Botschafters in Berlin sind. Differenzen wie das (historisch bedingte) Verhältnis zu Russland wiegen nicht so schwer wie aktuelle Gemeinsamkeiten, beispielsweise die Ablehnung der Ehe für alle durch die deutsche AfD wie auch durch die polnische PiS. 80 Jahre nach seinem Ende ist der Zweite Weltkrieg vor allem in Polen sehr präsent. Aber vor allem im politisch rechten Spektrum haben sich über die Grenzen hinweg einstmals kaum vorstellbare Übereinstimmungen ergeben.
Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen
Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.