Umgelenkt

Klaus Joachim Herrmann über Russlands Regionalwahlen

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 2 Min.

Die »gelenkte Demokratie« gilt als Grundsatz der von Präsident Wladimir Putin und seinem Team in Russland bestimmten Staatsform. Da nehmen »gelenkte Wahlen« nicht wunder, sie erscheinen logisch. Mag auch der Urnengang selbst überwiegend korrekt ablaufen, kann unliebsamen Kandidaten bereits der Weg auf den Stimmzettel versperrt werden. Sie bleiben in »Filtern« hängen.

Doch wo es allein eine »systemische« - also offizielle - Opposition geben soll, wächst der Bedarf an Widerspruch außerhalb dieses Systems. Das hat Kreml-Kritiker Alexej Nawalny am besten verstanden. Er spielt Katz und Maus mit den Mächtigen. Die stärken mal mit kleinlichem und mal mit hartem Vorgehen seine Popularität. Mit dem Aufruf zum »Smart Voting«, also einer Stimmabgabe für wen auch immer, nur nicht für die Kreml-Partei »Einiges Russland«, hat Nawalny schon wieder gepunktet. Auch infolge seines Aufrufs wurden zumindest in Moskau Stimmen erfolgreich umgelenkt.

Premier Dmitri Medwedjew feierte seine Partei »Einiges Russland« gleich nach Schließung der Wahllokale als »führende politische Kraft unseres Landes«. Das mag mit Blick auf die aus Kreml-Sicht erfolgreich bestandenen Gouverneurswahlen und in vielen Regionen zutreffen. Doch ausgerechnet in der Hauptstadt verliert die Kreml-Partei, eigentlich eine ausgewiesene Partei der Macht. Ändert dies letztlich auch nicht die Machtverhältnisse im Moskauer Stadtparlament, so gilt es doch als Niederlage und vielleicht als Trend. Noch immer hat die Haupt-stadt die Richtung vorgegeben.

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