Entschädigung nicht halbieren

Fluggastrechte

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  • Lesedauer: 3 Min.

Im Sommer 2018 landete ein Flug aus Florida mit dreieinhalb Stunden Verspätung am Zielort Düsseldorf. Vier Passagiere forderten von der Airline eine Ausgleichszahlung gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung in Höhe von 600 Euro, weil es sich um einen Langstreckenflug (rund 7500 km) handelte.

Die Fluggesellschaft war allerdings der Ansicht, dass sie die Entschädigung um 50 Prozent reduzieren dürfe. Das Unternehmen pochte ebenfalls auf die EU-Fluggastrechteverordnung (Artikel 7 Abs. 2 c): Biete eine Airline bei Annullierung des Flugs - oder wenn ein Passagier aus anderen Gründen nicht befördert werde - dem betroffenen Passagier einen »Alternativflug« an, der »nicht später als vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit des ursprünglich gebuchten Fluges« ankomme, könne die Airline die Ausgleichszahlung um die Hälfte kürzen.

Doch die Passagiere gaben sich mit der halbierten Ausgleichszahlung in Höhe von 300 Euro nicht zufrieden und bestanden auf den vollen Betrag. Zu Recht, wie das Amtsgericht Düsseldorf (Az. 51 C 505/18) entschied. Die Vorschrift, auf die sich das Flugunternehmen berufe, setze eine Nichtbeförderung oder die Annullierung eines Fluges voraus. Im konkreten Fall gehe es jedoch um einen verspäteten Flug. Würde man die Vorschrift auch auf verspätete Flüge anwenden, würde sie im Wesentlichen nur für Langstreckenflüge gelten, gar nicht für Kurzstrecken und nur eingeschränkt für Mittelstreckenflüge. So eine Differenzierung wäre nicht sachgerecht.

Außerdem müsste man dann auch konsequent sein, so das Amtsgericht: Wenn man bei einer Flugverspätung unter vier Stunden den Anspruch der Fluggäste auf Entschädigung kürzte, müsste man den Reisenden umgekehrt auch eine höhere Zahlung zugestehen, wenn eine Verspätung drei Stunden weit überschreite.

Startbahn gesperrt - keine Entschädigung

Eine Reisende hatte einen Rückflug von Barcelona nach Stuttgart gebucht. Doch die Startbahn war von einer anderen Maschine blockiert: Sie war beim Starten in ein Loch im Asphalt eingesunken und musste erst geborgen werden. Daraufhin wurde die Startbahn gesperrt und es kam zu erheblichen Flugverspätungen. Sind dafür Ausgleichszahlungen rechtens?

Der Abflug nach Stuttgart erfolgte erst mit einer Verspätung von über drei Stunden. Dafür verlangte die Reisende gemäß EU-Fluggastrechteverordnung von der Fluggesellschaft 250 Euro Ausgleich. Doch das Landgericht Stuttgart (Az. 5 S 128/18) war der Ansicht, die Airline könne sich in diesem Fall auf außergewöhnliche und von ihr nicht beherrschbare Umstände berufen, was einen Anspruch der Passagiere auf Ausgleichszahlung ausschließe.

Die Fluggesellschaft sei für die Verspätung nicht verantwortlich. Das in einem Senkloch auf der Startbahn eingesunkene Flugzeug habe entfernt und die Startbahn repariert werden müssen. Die Sperre sei unvermeidlich gewesen. Wenn aufgrund einer Entscheidung des Flugverkehrsmanagements des Flughafens der gesamte Flugverkehr schwer beeinträchtigt sei, stelle dies einen außergewöhnlichen Umstand dar. In so einer Ausnahmesituation könne eine Airline eine Verspätung nicht verhindern.

Diese Art Störung hebe sich deutlich ab vom üblichen Ablauf des Luftverkehrs und den dafür typischen Störungen, mit denen man bei einem Flug immer rechnen müsse, so das Gericht. OnlineUrteile.de

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