Dunkle Ziffern

10.000 Fälle illegaler Polizeigewalt jährlich / Täter müssen keine Sanktionen fürchten

  • Lesedauer: 2 Min.

Bochum. Mindestens 10 000 Mal pro Jahr werden Bürger Opfer illegaler Polizeigewalt. Das geht aus einem am Dienstag veröffentlichten Zwischenbericht von Forschern der Ruhr-Universität Bochum im Rahmen ihrer Studie »Körperverletzung im Amt« hervor. Angezeigt wird nur ein Bruchteil der Fälle. Denn Betroffene können nicht damit rechnen, dass es zum Prozess kommt, geschweige denn zu einer Verurteilung. Vielmehr müssen sie fürchten, aus Rache eine Gegenanzeige, zum Beispiel wegen schweren Landfriedensbruchs, zu bekommen.

Die Bochumer Wissenschaftler haben knapp 3400 mutmaßliche Betroffene befragt, um das sogenannte Dunkelfeld bei rechtswidrigen Übergriffen von Staatsdienern zu erforschen. Mit dem angenommenen Verhältnis von 1:5 von Hell- zu Dunkelfeld sei man noch sehr vorsichtig gewesen, betonte Tobias Singelnstein, der die Studie leitet, am Dienstag in Bochum.

Laut amtlicher Statistik ermitteln die Staatsanwaltschaften jährlich in 2000 Verdachtsfällen von Körperverletzung im Amt gegen rund 4000 Polizisten. Nur in sieben Prozent der angezeigten Fälle wurde Anklage erhoben oder ein Strafbefehl beantragt.

Während die Menschenrechtsorganisation Amnesty International seit Jahren das Fehlen einer unabhängigen Instanz beklagt, die in Deutschland einzelne Beamte oder berüchtigte Dienststellen überprüfen könnte, kann die Gewerkschaft der Polizei (GdP) keinen Systemfehler erkennen.

Es gebe jährlich Millionen Einsätze, und die Polizei genieße »in allen Umfragen großes Vertrauen«, betonte GdP-Chef Oliver Malchow in Reaktion auf die Forschungsergebnisse. Möglicherweise werde oft keine Anzeige erstattet, um eigenes Fehlverhalten zu verdecken. Zudem, so Malchow, sei für die Forscher nicht überprüfbar, ob die Polizei im jeweiligen Fall nicht doch rechtmäßig gehandelt habe. nd/Agenturen

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