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Gericht schützt Demokratie vor Johnson

Supreme Court erklärt die Schließung des britischen Unterhauses für rechtswidrig

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.

Am Mittwoch wird das britische Unterhaus wieder tagen. Das oberste Gericht des Landes erklärte am Dienstag in London, dass der von Premier Boris Johnson verordnete Zwangsurlaub für das Parlament rechtswidrig sei. Die Vorsitzende Richterin des Supreme Courts, Lady Brenda Hale, sagte bei der Urteilsbegründung, dass die Zwangspause die Abgeordneten in »extremer« Weise an der Ausübung ihres verfassungsmäßigen Auftrags hindere. Das Urteil der elf Richter fiel einstimmig. Sie widersprachen auch der Auffassung der Regierung, dass die Justiz im vorliegenden Fall nicht zuständig sei, weil es sich um eine rein politische Angelegenheit handele.

Johnson sagte dem Sender Sky News am Rande der UN-Vollversammlung in New York: »Ich widerspreche der Entscheidung des Supreme Courts nachhaltig, habe aber den größten Respekt für unsere Gerichtsbarkeit.« Zudem forderte Johnson Neuwahlen. Dafür braucht er die Unterstützung von zwei Dritteln des Unterhauses.

Labourchef Jeremy Corbyn rief Johnson zum Rücktritt auf, um vorgezogene Neuwahlen zu ermöglichen. Aus den Wahlen solle eine Regierung hervorgehen, »die die Demokratie respektiert«, sagte Corbyn auf einem Parteitag in Brighton. Dort konnte er sich bei Abstimmungen durchsetzen. Am Montag lehnten die Delegierten mehrheitlich einen Antrag ab, wonach Labour sich vor einem Wahlkampf für einen Verbleib in der EU einsetzen solle. Corbyn ist für ein neues Referendum und Verhandlungen mit der EU über einen neuen Brexit-Vertrag. Der Labourchef will aber keine klare Position zur britischen EU-Mitgliedschaft beziehen, bis ein Ergebnis vorliegt.

Nach einem Wahlsieg für Labour sieht es derzeit nicht aus. Die Partei liegt mit 24,5 Prozent zehn Prozentpunkte hinter den Tories. Deren Chef Johnson hat aber keine Mehrheit im Parlament. Anfang des Monats hatten die Konservativen 21 Gegner Johnsons aus der Fraktion ausgeschlossen.

Der Premier wollte das Parlament ausschalten, um seine Vorhaben beim Brexit umsetzen zu können. Die Pause sollte bis zum 14. Oktober dauern. Am 31. Oktober läuft die Frist für den Brexit ab. Johnson fordert, dass der Backstop im Abkommen mit der EU gestrichen wird. Dabei handelt es sich um eine Garantieklausel für eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland. Die Regelung sieht vor, dass das Vereinigte Königreich nach dem Brexit in einer Zollunion mit dem Staatenverbund bleibt, bis eine bessere Lösung gefunden ist.

Johnson ist dagegen, weil sein Land dann keine eigenständige Handelspolitik machen könnte. Er droht mit einem Austritt ohne Abkommen. Nach einem Parlamentsbeschluss muss Johnson aber bei der EU eine Fristverlängerung beantragen, wenn nicht rechtzeitig ein Abkommen ratifiziert wird. Kommentar Seite 10

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