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Zu früh gefreut
Uwe Kalbe zur Scheinlösung von Malta
Wenn sich Horst Seehofer »hoch zufrieden« mit einer Vereinbarung über Flüchtlinge zeigt, war das bisher ein sicheres Indiz: Das geht für diese nicht gut aus. Einen kurzen Moment schien es, als habe Seehofer sich eines Humaneren besonnen - als er vor dem Treffen von Malta die Bereitschaft Deutschlands erklärte, ein Viertel der im Mittelmeer geretteten Schiffbrüchigen aufzunehmen. Nachdem die Details der Vereinbarung zwischen Deutschland, Frankreich, Italien und Malta ans Licht kommen, zeigt sich: Er hat nur Kreide gefressen. Das Papier, das den Innenministern der EU beim nächsten Treffen vorgelegt werden soll, ändert nichts am Problem, weil es nichts am Herangehen an das Problem ändert.
Zwar sollen gerettete Flüchtlinge nicht länger wochenlang vor den Küsten der EU treiben, sondern anlanden dürfen. Doch erstens sind jene Länder für die Unterbringung zuständig, die sie gerettet haben; der Großmut Frankreichs und Deutschlands, die Hälfte der Menschen aufzunehmen, löst sich so in Wohlgefallen auf, bleibt dem Zufall überlassen. Und zweitens gibt es keine Seenotrettung der EU. Die Mission »Sophia« beschränkt sich auf Überwachung aus der Luft, so wie bisher. Als Retter bleiben - ebenso wie bisher - die Schiffe der Nichtregierungsorganisationen, die auch noch mit zusätzlichen Auflagen belegt werden. Ihnen wird - über Verhaltensregeln zur ständigen Überprüfbarkeit - erneut unterstellt, mit Schleusern zu kollaborieren. Als letzte Rettungsinstanz auf See werden die zivilen Seenotretter misstrauisch beäugt und eingeschränkt; der kriminell agierenden libyschen Küstenwache sollen sie nicht in die Quere kommen. Gut: Gerettete Flüchtlinge an Bord dürfen sie künftig an Land bringen. Dass man sich über eine derartige Selbstverständlichkeit inzwischen freut, zeigt den üblen Zustand der EU-Flüchtlingspolitik.
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