Wagenplatz in Marzahn geräumt

250 Polizisten rücken mit schwerem Gerät gegen neun friedliche Besetzer an

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Stimmung vor dem besetzten Wagenplatz in Berlin-Marzahn am Montagvormittag ist angespannt. Die Handvoll Aktivist*innen, die sich dort versammelt hat, wird von Polizisten rabiat auf die andere Straßenseite verwiesen, während ihre Kolleg*innen das Gelände absichern. Kurz zuvor, gegen 9.30 Uhr, hatten rund 250 Polizist*innen das seit rund drei Wochen von der Wagengruppe »DieselA« besetzte Grundstück »Zur alten Börse« geräumt. Neun Personen seien dabei vorübergehend festgenommen worden, sagt Polizeisprecher Thilo Cablitz dem »nd«. Gegen sie würden nun Verfahren wegen Hausfriedensbruchs eingeleitet. Als Grund für die große Zahl an Polizist*innen verwies Cablitz auf die Unübersichtlichkeit des Geländes. Der Einsatz sei jedoch ruhig verlaufen, die Besetzer*innen hätten keinen Widerstand geleistet.

Für Stefan Ziller, Grünen-Abgeordneter aus Marzahn-Hellersdorf, der sich in den vergangenen Wochen für eine Einigung zwischen den Besetzer*innen und dem Grundstückseigentümer Deutsche Bahn eingesetzt hatte und am Montagmorgen vor Ort war, ist der Einsatz unverhältnismäßig. »Die Polizei war sehr aggressiv«, sagt er dem »nd«. Für ihn ist die Räumung des seit Jahrzehnten leer stehenden Geländes völlig unnötig. »Die Besetzer haben sich gut mit den Nachbarn verstanden, auch die Bauarbeiten auf dem Gelände wurden nicht behindert«, so Ziller. Das kulturelle Konzept der Wagengruppe für das Gelände habe gut in den Bezirk gepasst, findet der Grünen-Politiker. Noch am Wochenende habe es intensive Gespräche über eine mögliche Nutzung des Geländes durch »DieselA« gegeben. »Es macht schon betroffen, dass die Zeit zum verhandeln nicht da war.«

Die Deutsche Bahn (DB) zeigt sich hingegen kompromisslos. »Ich hoffe auf Ihr Verständnis, dass die beliebige Besetzung von Bahngrundstücken für uns kein hinnehmbarer Zustand sein kann, egal welche Gründe dafür angeführt werden«, so der Konzernbevollmächtigte der DB für das Land Berlin, Alexander Kaczmarek, in einem Antwortschreiben auf einen offenen Brief von Ziller, der Vizepräsidentin des Abgeordnetenhaues, Manuela Schmidt (LINKE), und der stellvertretenden SPD-Landesvorsitzenden Iris Spranger. »Wir sind jederzeit für Nutzungsüberlegungen für unsere Grundstücke offen und freuen uns über Vorschläge, sicherlich aber nicht im Rahmen einer rechtswidrigen Besetzung«, so Kaczmarek weiter. Er bat um Verständnis, dass die Deutsche Bahn auf der sofortigen Räumung des Grundstückes bestehe.

Am 20. September hatten die stadtpolitischen Aktivist*innen von »DieselA« das Gelände besetzt - als Protest gegen Verdrängung, aber auch um dort einen Bauwagenplatz zu errichten (»nd« berichtete). Die Bahn hatte die Besetzer*innen mehrfach aufgefordert, das Gelände zu verlassen, jedoch mehrere Räumungstermine verstreichen lassen, bevor sie die Polizei am Montag um Amtshilfe bat. Die rückte daraufhin mit schwerem Räumungsgerät an. Nur noch ein einzelner Bauwagen, ein paar Stühle und zwei Toiletten sind nach dem Polizeieinsatz von der Besetzung übrig geblieben.

Was mit den fünf Wagen der Besetzer*innen passiert, ist noch unklar. Da die Nummernschilder abmontiert worden seien, müssten zunächst die Besitzverhältnisse und die Fahrtüchtigkeit geklärt werden, so Polizeisprecher Cablitz. Sobald dies geklärt sei, würden die Fahrzeuge den Besitzer*innen übergeben.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal