Rechtsausschuss will Vorsitzenden Brandner abwählen

AfD-Politiker äußerte sich abfällig nach dem rechten Terroranschlag in Halle sowie über die Vergabe des Bundesverdienstkreuzes an Udo Lindenberg

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Abgeordnete des Bundestags suchen nach einer Möglichkeit, den AfD-Politiker Stephan Brandner von seinem Posten als Vorsitzender des Rechtsausschusses zu entfernen. Der Geschäftsordnungssausschuss des Parlaments werde dazu um eine rechtliche Bewertung gebeten, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), am Dienstag. Brandner sei »seinem Amt offenbar nicht gewachsen«.

Der SPD-Politiker Karl Lauterbach twitterte am Mittwoch, im Rechtsausschuss sei Brandner bereits darüber informiert worden, dass man ihn abwählen wolle. In einer Pressemitteilung von Jan-Marco Luczak, stellvertretender rechtspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion heißt es, der Geschäftsordnungsausschuss werde am Donnerstag über das Abwahlverfahren reden und dazu entscheiden. In der Mitteilung heißt es weiter, dass sich der Rechtsausschuss nicht »gegen die AfD als solche, sondern allein gegen das inakzeptable Verhalten von Brandner« wende.

Der Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart sieht keine juristischen Hürden für eine Abwahl. »Die Wahl des Ausschussvorsitzenden liegt im Rahmen der Geschäftsautonomie des Ausschusses, die auch für die Abwahl beziehungsweise die Wahl eines neuen Vorsitzenden gelten dürfte«, sagte er dem »Handelsblatt«.

Der AfD-Politiker und Höcke-Unterstützer Brandner veröffentlichte am Mittwoch zu den Plänen seiner Abwahl durch den Rechtsausschusses eine Pressemitteilung. Darin schreibt er, Äußerungen auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, für die er kritisiert werde, habe er »als Privatperson gemacht«. Des Weiteren sei ihm inhaltliche Kritik an seiner Arbeit als Ausschussvorsitzender nicht bekannt. Es gäbe daher keinen Grund für ihn, von dem Amt zurückzutreten.

Kritik aus allen Fraktionen

Vertreter sämtlicher anderer Fraktionen äußerten am Dienstag zum wiederholten Male ihre Kritik an Brandner. Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sagte in Berlin, Brandner sei als Rechtsausschussvorsitzender »untragbar«. Allerdings wollte Bartsch keine Einschätzung abgeben, wie die Abwahl »rechtlich und verfassungsrechtlich zu bewerkstelligen ist«.

»Wenn Herr Brandner ständig provozieren will, dann soll er doch nicht rumjammern, wenn er dafür kritisiert wird«, sagte die rechtspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Katja Keul, dem »Handelsblatt«. FDP-Parlamentsgeschäftsführer Marco Buschmann sagte der Zeitung, er sei sehr für zugespitzte politische Auseinandersetzungen. Aber Brandners Äußerung über einen angeblichen »Judaslohn« für den Musiker Udo Lindenberg sei »ausgesprochen geschichtsvergessen«.

»Es bleibt dabei, dass diese Aussage eine unwürdige Grenzüberschreitung für den Vorsitzenden des Rechtsausschusses war und in Zusammenschau mit ähnlich gelagerten Vorfällen eine Eignung zur Leitung dieses Ausschusses nicht erkennbar ist«, sagte auch der rechtspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Volker Ullrich, dem »Handelsblatt«.

Brandner hatte die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Udo Lindenberg auf Twitter als »Judaslohn« geschmäht. Der Tweet wurde später gelöscht.

Schon zuvor war Brandners Eignung für das Amt des Ausschussvorsitzenden in Zweifel gezogen worden. Er hatte auf Twitter einen Beitrag geteilt, in dem nach dem rechtsextremen Anschlag von Halle zu lesen war, dass Politiker vor Synagogen »lungern«. Danach sprachen Union, SPD, FDP, Grüne und LINKE in einer gemeinsamen Erklärung im Rechtsausschuss dem AfD-Politiker die Eignung für das Vorsitzendenamt ab. Agenturen/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal