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Chilenische Verfassung wird überholt
Regierung und Opposition verabschieden Fahrplan in eine neue Zeit
Santiago de Chile. Nach wochenlangen teilweise gewaltsamen Massenprotesten haben sich Regierung und Opposition in Chile auf den Weg zu einer neuen Verfassung geeinigt. Die Abgeordneten des Nationalkongresses verständigten sich am Freitagmorgen nach stundenlangen Verhandlungen zwischen Regierungskoalition und Oppositionsparteien darauf, im April 2020 ein Referendum über eine neue Verfassung abzuhalten. Die Wähler sollen dabei gefragt werden, ob das noch aus der Zeit von Diktator Augusto Pinochet stammende Verfassungswerk ersetzt werden und wie eine Neufassung aussehen sollte.
Die derzeitige Verfassung ist seit 1980 in Kraft und wurde unter Pinochet erlassen, der in Chile von 1973 bis 1990 an der Macht war. Seither wurde die Verfassung zwar mehrfach geändert. In der jetzigen Fassung ist jedoch nicht die Verantwortung des Staates für Bildung und Gesundheitsversorgung verankert. Dies sind zwei zentrale Forderungen der Demonstranten in Chile.
Die teilweise gewaltsamen Proteste hatten in dem südamerikanischen Land Mitte Oktober begonnen und richteten sich zunächst gegen den Anstieg der Ticketpreise im öffentlichen Nahverkehr. Die Demonstranten kritisieren aber auch niedrige Löhne, hohe Kosten für Bildung und Gesundheit sowie die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich.
Die Krise in Chile ist die schwerste seit der Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1990. Bei den Unruhen wurden 20 Menschen getötet und mehr als tausend verletzt. Rund 200 Menschen haben ein Auge durch Gummigeschosse verloren. Dass sich die Straße durch das Abkommen beruhigen lässt, ist nicht abzusehen. Denn große Teile der Gesellschaft sind nicht mehr bereit, die wachsende soziale Ungleichheit hinzunehmen. AFP/nd
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