Abgewiesene

Personalie

  • Ewgeniy Kasakow
  • Lesedauer: 2 Min.

Eigentlich hätte Carine Clément am 29. November einen Vortrag über die Bewegung der Gelbwesten halten sollen. Doch der wird nun vertagt werden müssen - mindestens auf zehn Jahre, denn so lange darf die promovierte Soziologin von der Pariser Universität EHESS laut einem Bescheid des Inlandsgeheimdienstes FSB nicht mehr nach Russland einreisen. Am Mittwoch wurde sie am Moskauer Flughafen Scheremetjewo ausgewiesen. Begründung: Clément sei eine Gefährdung für die Staatssicherheit.

Die 1970 geborene Französin kam 1994 zum ersten Mal nach Russland. Sie gilt als Expertin für soziale Bewegungen und ist eine langjährige Wegbegleiterin der kämpferischen russischen Gewerkschaftsbewegung. Von 1996 bis 2018 lebte sie die meiste Zeit in Russland, von 2002 bis 2009 war Clément mit dem Vorsitzenden der Gewerkschaft »Saschita Truda« (»Schutz der Arbeit«) und Dumaabgeordneten Oleg Schein, der zurzeit der Fraktion »Gerechtes Russland« angehört, verheiratet.

Im Jahr 2004 wurde auf ihre Initiative das »Institut Kollektive Aktion« (IKD) gegründet, eine NGO, die soziale Proteste analysierte und zugleich viel zu deren Vernetzung beitrug. Das IKD war aktiv an der Vorbereitung der Sozialforen in den 2000er Jahren beteiligt. Daneben lehrte Clément an der Staatlichen Universität in St. Petersburg. Ihre Arbeit in Russland war immer wieder von Komplikationen begleitet. Im Jahr 2007 ließen die Behörden sie nicht zu einer Konferenz nach Brüssel ausreisen, weil ihre Aufenthaltserlaubnis für Russland angeblich abgelaufen war. Sie wurde mehrmals bedroht, 2008 rammten ihr zwei Angreifer auf offener Straße eine Spritze mit unbekannter Flüssigkeit ins Bein.

Das Einreiseverbot dürfte für Clément nicht nur ein berufliches Problem darstellen - sowohl ihr Ehemann, Andrei Demodow, der Vorsitzende der unabhängigen Lehrergewerkschaft »Utschitel«, als auch ihre kleine Tochter sind russische Staatsbürger. Clément hat bereits angekündigt, gegen das Einreiseverbot mit juristischen Mitteln vorzugehen.

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