Markenzeichen »Schnauzbart«

Philippe Martinez von der französischen Gewerkschaft CGT versammelt die Linke gegen Emmanuel Macron

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenn dieser Tage eine Zeitung schrieb, bei den gegenwärtigen Streiks und Demonstrationen gegen die Rentenreform gehe es um einen Sieg »des Frankreichs von Macron oder des von Martinez«, dürfte das den Vorsitzenden des Allgemeinen Gewerkschaftsbund (CGT) gefreut haben. Allerdings ist die von Philippe Martinez geführte Gewerkschaft nicht mehr wie jahrzehntelang mitgliederstärkste Arbeitervertretung des Landes. Den ersten Platz musste die kämpferische CGT an die eher für Reformen offene CFDT abtreten - ausgerechnet in der Amtszeit von Martinez, die 2015 begann.

Während der CFDT-Vorsitzende Laurent Berger, der ein regelmäßiger Gesprächspartner von Präsident Emmanuel Macron ist, der Rentenreform wohlwollend-abwartend gegenübersteht und seine Gewerkschaft aus den gegenwärtigen Streiks herausgehalten hat, fühlt sich Martinez wohl in der Rolle des Sammlers der radikaleren linken Kräfte - und damit als Gegenspieler des Präsidenten.

Seine Amtsvorgänger hatten die CGT von einer Gewerkschaft, die prinzipiell alle Vorschläge der Regierung ablehnte, hin zu einem konstruktiven und gelegentlich auch kompromissbereiten Partner gewandelt. In den internen Auseinandersetzungen 2015 setzte Martinez auf den radikaleren Flügel - und gewann. Unter seiner Führung vollzog die CGT eine Wende zurück zu alten Werten der Arbeiterbewegung und zu einer schlichteren Einteilung der Welt in Freunde und Feinde. Das war nur konsequent, so war Martinez 2002 demonstrativ aus der Kommunistischen Partei ausgetreten, weil er deren Kurs als zu »versöhnlerisch« empfand.

Ob die CGT so wieder zu ihrer einstigen Stärke und Rolle im Land zurückfindet, bleibt abzuwarten. Gegenwärtig ist der 1961 geborenen Martinez, der mit Sinn für Öffentlichkeitswirksamkeit seinen Schnauzbart wie ein »Markenzeichen« pflegt und sich nicht scheut, auch sorgsam abgewogene Grobheiten zu sagen, eine nicht zu unterschätzende Größe auf dem Schachbrett der politischen und sozialen Kämpfe in Frankreich.

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