Teilsieg für Antifaschisten

VVN-BdA muss vorerst keine Steuern nachzahlen - CSU hält aber weiter an Einschätzung fest

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) hat nach dem Entzug ihrer Gemeinnützigkeit einen wichtigen Etappensieg gewonnen. Das Berliner Finanzamt für Körperschaften setzte den Vollzug des ergangenen Steuerbescheids vorerst aus, wie VVN-Geschäftsführer Thomas Willms am Mittwoch mitteilte. Diese Entscheidung sei wegen »unbilliger Härte« für den Verein, der sich in seiner Existenz bedroht sieht, gefallen. Aber die Frage, ob der Entzug der Gemeinnützigkeit rechtswidrig war, bleibe aus Sicht des VVN weiter unbeantwortet.

Das Finanzamt hatte seine Entscheidung damit begründet, dass der Verein in den Verfassungsschutzberichten Bayerns als linksextremistisch gelistet ist. Die sogenannte Abgabenordnung schreibt vor, dass Körperschaften Steuerbegünstigungen in Anspruch nehmen können, wenn sie gemeinnützige Zwecke verfolgen. Werden sie indes in Verfassungsschutzberichten des Bundes oder mindestens eines Landes als extremistisch geführt, gelten diese Voraussetzungen als nicht erfüllt. Und doch wird von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich entschieden: Der nordrhein-westfälische Landesverband der Vereinigung mit Sitz in Oberhausen hatte beispielsweise Ende Oktober nach eigenen Angaben einen Freistellungsbescheid erhalten und gilt damit weiterhin als gemeinnützig.

Die Berliner Finanzbehörden mussten sich entsprechend kritische Nachfragen gefallen lassen. »Weder Berlins Finanzsenator Kollatz noch irgendein Finanzamt ›wollen‹ hier irgendjemandem die Gemeinnützigkeit entziehen«, hieß es von der Senatsverwaltung am Mittwoch. Aufgrund der gesetzlichen Regelungen hätten die Finanzämter »keinen Spielraum«, die Steuerbehörden stünden aber »grundsätzlich für ergebnisoffene und faire Verfahren«. Die betroffenen Initiativen müssten beweisen, dass es sich bei ihnen nicht um extremistische Organisationen handelt.

Wie genau das geschehen könnte, will der VVN laut Willms nun mit dem Finanzamt beraten. Einen Termin gebe es noch nicht. Stefan Diefenbach-Trommer von der Allianz »Rechtssicherheit für politische Willensbildung«, einer Initiative für eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts, hält die Erklärung des Berliner Finanzsenats für unzureichend: »Was fehlt, ist der politische Wille, diese rechtsstaatlich bedenkliche Beweislastumkehr abzuschaffen.«

Der bayerische Landtag lehnte derweil am Mittwochabend Anträge von Grünen und SPD ab, den Landesverband des VVN-BdA nicht weiter durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und weitere Redner von CSU, Freien Wählern, AfD und FDP wiesen die Forderungen zurück. Die LINKE-Bundestagsabgeordnete Nicole Gohlke zeigte sich empört: »Die CSU muss sich ernstlich fragen lassen, wo sie steht, wenn sie den VVN-BdA weiter im VS-Bericht Bayern brandmarkt.« Mit Agenturen

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal