Die Frage der Verantwortung

Jemen-Krieg: Menschenrechtsorganisationen stellen Strafanzeige gegen europäische Rüstungsfirmen

In Jemen tobt seit vielen Jahren ein äußerst blutiger Krieg - geführt auch mit europäischen Waffen. Sechs Menschenrechtsorganisationen aus Europa und Jemen darunter das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR), Amnesty International und Mwatana for Human Rights wollen nun vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) eine grundlegende Frage klären lassen: «Leisten Manager von Rüstungsunternehmen und Beamte von Exportbehörden aus Europa potenziell Beihilfe zu mutmaßlichen Kriegsverbrechen, die die von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten geführte Militärkoalition im Jemen begeht?» Man habe deshalb am Mittwoch in Den Haag bei der Anklagebehörde (Office of the Prosecutor, OTP) des IStGH «eine richtungsweisende Strafanzeige» eingereicht, erklärten die Organisationen am Donnerstag.

Für Menschenrechtsverletzungen seien zwar alle Konfliktparteien verantwortlich, eine Hauptursache für die Opfer unter der Zivilbevölkerung seien aber die Luftangriffe des von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten angeführten Militärbündnisses, das im März 2015 im Jemen eingriff«, so die Anzeigensteller. Als Beispiele für eingesetzte europäische Waffensysteme, für die es »zahlreiche Belege« gebe, werden Eurofighter, Tornados und MK-80-Bomben genannt. »Die zahllosen zivilen Opfer verdienen eine sorgfältige Untersuchung der Rolle all jener, die sich an diesen Verbrechen möglicherweise mitschuldig gemacht haben. Wir hoffen, dass der Internationale Strafgerichtshof dazu beiträgt, die Verbrechen aufzuarbeiten«, erklärt Radhya Almutawakel, Vorsitzende der jemenitischen Organisation Mwatana for Human Rights.

Konkret soll die Anklagebehörde »die rechtliche Verantwortung wirtschaftlicher und politischer Akteure aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien« untersuchen. Genannt werden unter anderem die Unternehmen Airbus Defence and Space S.A. (Spanien), Airbus Defence and Space GmbH (Deutschland), BAE Systems Plc. (Großbritannien), Rheinmetall AG (Deutschland) über die Tochterfirma RMW Italia (Italien) und Thales (Frankreich).

»Europäische Unternehmen - und indirekt auch europäische Staaten - profitieren von Waffenexporten an Saudi-Arabien«, erklärt Juristin Linde Bryk vom ECCHR. »Diese Waffen aber werden im Jemen eingesetzt - möglicherweise bei Angriffen, die als Kriegsverbrechen zu werten sind.« Das Ziel seien »Ermittlungen gegen Manager und Regierungsvertreter, also gegen jene Akteure, die sich allzu oft der internationalen Strafjustiz entziehen.« Die 350-seitige Anzeige belege 26 Luftangriffe der Militärkoalition, die Mwatana for Human Rights vor Ort dokumentiert habe und die Kriegsverbrechen nach dem Römischen Statut gleichkämen.

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