Spagat über dem Abgrund

Uwe Kalbe über Deutschlands Rolle im Konflikt um North Stream

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 1 Min.

Deutschlands Unabhängigkeit wird gerade zur Währung im Spiel der politischen Kräfte. Mit der Sorge um diese Unabhängigkeit begründet der US-Präsident seine Drohungen gegen die zu 90 Prozent fertiggestellte Gaspipeline North Stream. Sanktionen blühen beteiligten Unternehmen wegen dieser Sorge. Deutschland hat aus Sorge um seine Energiesicherheit die Entscheidung für die Gasleitung getroffen. Und sieht seine Unabhängigkeit bei der Auswahl der Geschäftspartner nun zur Disposition gestellt.

Es handelt sich hier um Ausläufer eines strategischen Konflikts mit verheerende Aussichten. 30 Jahre nach dem Zusammenbruch des Ostblocks gerät die westliche Allianz an ihre Grenzen, weil es inzwischen nur wenig braucht, ihre angebliche Wertegemeinschaft ins Straucheln zu bringen und die dahinter lauernden egozentrischen machtpolitischen Interessen offenzulegen. Die deutsche Außenpolitik versucht sich gegenüber Washington in einem Kompromiss aus demonstrativem Selbstbewusstsein und Dienstbeflissenheit. Das Verhältnis zu Russland ist Ausweis dieser verzweifelten Zwitterrolle.

Während sich Berlin beifallheischend in einen diplomatischen Konflikt mit Moskau um einen unklaren Mordfall verbeißt, hat Washington kein Problem damit, deutsche und russische Interessen gleichermaßen für vernachlässigbar zu erklären. Trumps eigenwillige Weltsicht ist hier für nicht erste Ursache. Hier naht ein strategischer Konflikt mit offenem Ausgang.

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