»In günstigen Fällen rausgewürgt«

Ulrike Wagener fragte Dr. Steffen Schmidt nach dem Ursprung eines komischen Geruchs

  • Ulrike Wagener
  • Lesedauer: 3 Min.

Neulich kamen hier ständig Leute rein und haben geschnüffelt. Offenbar lag ein Duft in der Luft, aber alle haben etwas anderes gerochen.

Die Geruchswahrnehmung hängt nicht nur davon ab, was wir für Rezeptoren dafür haben und was tatsächlich für ein Geruch im Raum ist, sondern auch von der Erwartungshaltung und wie die Leute geruchsmäßig trainiert sind.

Was war deine Analyse?

Ich hatte das Gefühl, dass es nach Kunststoff riecht. Und dass Johanna das nicht riechen konnte, weil sie über ihrer Teetasse war und die ätherischen Öle des Tees dominanter waren.

Was genau sind denn ätherische Öle?

Man nennt sie ätherisch, weil sie leicht flüchtig sind. So durchdringen sie den Raum zumeist ganz zuverlässig.

Ich dachte dabei an das Buch »Das Parfüm«.

Das war sehr bildend. Der Film dagegen war mehr eklig.

Kann man die menschlichen Gerüche wirklich zu Parfüm verarbeiten?

Das finde ich jetzt nicht besonders aussichtsreich. Aber ja, die Menschen riechen alle ganz verschieden. Obwohl das im Zuge der Deodorisierung der Welt zunehmend als grundsätzlich unangenehm empfunden wird.

Körpergeruch zu überdecken, kann teuer sein.

Bei Parfüms bezahlt man wahrscheinlich mehr für das Marketing als für die Zutaten. Aber es gibt etliche natürliche Duftstoffe, die sehr teuer sind: Extrem ist Moschus. Der ist heute kaum noch verwendbar, weil der Bestand der Tiere, die ihn erzeugen, stark gefährdet ist.

Moschusochsen?

Die fallen einem da immer als Erstes ein, sind aber nicht die Quelle. Sondern die hirschähnlichen sibirischen Moschustiere; die männlichen Tiere markieren damit ihr Revier. Was auch kaum noch verwendet wird, ist Ambra.

Was ist das?

Das ist das, womit sich Pottwale irgendwann einen Darmverschluss holen. Pottwale tauchen sehr tief und jagen nach Kalmaren, Kraken und ähnlichen Tieren. Was daran zu hart ist, wird im Magen eingekapselt, und in günstigen Fällen als Klumpen rausgewürgt. In ungünstigen Fällen gibt’s einen Darmverschluss, das Tier stirbt. Dann treibt das im Meer, bis es gefunden wird.

Der ganze Wal?

Nein, dieser Klumpen aus dem Verdauungstrakt. Der lange Aufenthalt im Seewasser tut dem offenbar gut. Da ist ein Stoff drin, der erst durch Oxidation zu einem angenehm riechenden Stoff wird. Der ist auch sehr teuer.

Man muss den ja erst einmal finden im Meer.

Eben. Deshalb nutzt man meist Ersatzstoffe.

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