Markenzeichen Hornbrille

Personalie: Philipp Amthor will in seinem Heimatbundesland CDU-Chef werden.

  • Fabian Hillebrand
  • Lesedauer: 2 Min.

Jung, konservativ, seltsam: Der Nachwuchspolitiker Philipp Amthor (CDU) gibt politischen Beobachtern Rätsel auf. Der 27-Jährige schaffte es mit seinem Politikstil, einer gekonnten Imitation eines über 90-Jähringen CDU-Mannes aus den 80ern, bundesweit zu Talkshowauftritten, Popularität und Renommee.

Warum, weiß niemand so genau. Was man weiß: Bald könnte seine Stimme im eigenen Heimatbundesland mehr Gewicht haben. Amthor will Vorsitzender der CDU in Mecklenburg-Vorpommern werden. Damit würde dort ein Führungswechsel von jung zu noch jünger stattfinden: Der bisherige Landeschef Vincent Kokert zählt 41 Jahre.

Nach dessen Rücktrittsankündigung habe Amthor »viel Ermutigung« erhalten, sagt er. Das habe ihn bewogen, für das Amt zu kandidieren. Diverse schleswig-holsteinische CDU-Granden begrüßen seine Überlegungen. Warum auch nicht. Der Jungpolitiker mit der Hornbrille, dem strengen Scheitel und dem Deutschland-Pin am Jackett ist ein Überflieger.

Lesen Sie hier: Amthor tritt ins deutsche Fettnäpfchen. Der CDU-Politiker provoziert mit der Aussage, Antisemitismus sei in Deutschland vor allem wegen der Migration von Muslim*innen ein Problem.

Mit nur 24 Jahren zog er bei der Wahl 2017 in den Bundestag ein - kein anderer direkt gewählter Abgeordneter war jünger als der Politiker aus Ueckermünde, dessen Wahlkreis gleich neben dem von Bundeskanzlerin Angela Merkel liegt.

Anfang sprachen dann auch alle nur über sein Alter, »aber ich habe mich nicht darauf reduzieren lassen, nur jung zu sein«, sagte Amthor kürzlich. Man kann ihm nur Recht geben. Statt sich auf seine Art einzuschießen und sich über den freiwilligen Verzicht auf seine Jugend zu wundern, sollte man über seine Positionen reden. Sein Terrain ist die Innenpolitik, er ist für einen starken Staat und mehr Polizei. Vor allem ist er gegen alles, was zur Emanzipation der Frau beiträgt, beispielsweise die Entkriminalisierung von Abtreibungen. Der Aspirant für den Chefposten in Mecklenburg-Vorpommern ist eben nicht nur der Jüngste unter den Rechten, er gehört auch zum Rechtesten, was die CDU momentan anzubieten hat.

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