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Das Gerede von den Rändern
Links und rechts gleichzusetzen gefährdet die Demokratie, meint Wolfgang Hübner
Die Thüringer Regierungskrise macht neben allerhand Dilettantismus ein Grundproblem der politischen Kultur deutlich: die verbreitete Unfähigkeit der so genannten bürgerlichen Mitte, zwischen links und rechts zu unterscheiden. Das hat eine lange Geschichte. Der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl bezeichnete gern die PDS als »rotlackierte Faschisten«; dabei ein Diktum des einstigen SPD-Politikers Kurt Schumacher aufgreifend, das dieser in den 30ern auf die Kommunisten gemünzt hatte. Jene wiederum hielten die Sozialdemokraten für Sozialfaschisten.
Wohin das führte, ist bekannt: Die erbitterte Feindschaft zwischen SPD und KPD nützte nur den wirklichen Faschisten. Auch heute profitieren Faschisten von der unseligen Äquidistanz der Bürgerlichen gegenüber links und rechts. Das gleichmacherische Gerede von den politischen Rändern macht blind für die Gefahren von rechts.
Die Linke ist nicht die AfD, Ramelow ist nicht Höcke – solche Binsenweisheiten habe es offenbar schwer, ins politische Bewusstsein nicht weniger Liberaler und Konservativer vorzudringen, wo der Antikommunismus tief eingewurzelt ist. Wenn jetzt in der CDU eine vorsichtige Debatte über das Verhältnis zur Linkspartei beginnt, ist das vielleicht ein Schritt hin zu einer vernünftigen Auseinandersetzung und zur Erkenntnis, wo die Feinde der Demokratie stehen, die alles von links bis konservativ rabiat bekämpfen wollen: ganz rechts außen.
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