Ukraine-Verhandlungen: Der eigene Vorteil

Wolfgang Hübner zu den Vorschlägen und Gesprächen für ein Ende des Kriegs

Andrij Jermak (links), Chef des Präsidialamts der Ukraine, und US-Außenminister Marco Rubio bei den Verhandlungen in Genf.
Andrij Jermak (links), Chef des Präsidialamts der Ukraine, und US-Außenminister Marco Rubio bei den Verhandlungen in Genf.

Der Krieg in der Ukraine wird nicht so bald enden – jedenfalls nicht, wenn die Verhandlungen über einen Frieden so weitergehen wie bisher. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn das Schießen und Bomben, das Töten und Zerstören so schnell wie möglich gestoppt werden. Aber das dürfte kaum gelingen, wenn es allen Beteiligten vor allem darum geht, den größtmöglichen Vorteil aus der Katastrophe zu ziehen. Diesen Geist atmen jedenfalls die 28-Punkte-, 27-Punkte-, 19-Punkte- und sonstigen Pläne, die derzeit kursieren, diskutiert und überarbeitet werden.

Nach dem Muster des Gaza-Abkommens will Trump persönlich den Friedensprozess überwachen und US-Unternehmen maximale Gewinne sichern. Was die Garantien wert sind, die der Ukraine in Aussicht gestellt werden, kann heute niemand sagen. Die Trump-Vorschläge versprechen der Ukraine ein Minimum und kommen Russland, das sich abwartend zurücklehnt, weit entgegen. Die USA bauen ihren Einfluss in der Region aus; das wird die EU mit ihren Einsprüchen nicht verhindern können. Wirtschaftlich haben die Großmächte USA und Russland die Ukraine längst aufgeteilt. Russland wird den industriell wichtigen und an Bodenschätzen reichen Donbass behalten; die USA haben sich längst das Vorrecht auf Seltene Erden in der Ukraine gesichert und wollen an erster Stelle vom Wiederaufbau profitieren.

Zu den interessantesten Punkten sowohl bei Trump als auch bei der EU gehört, dass die USA und Russland die Verträge über die Nichtverbreitung und Kontrolle von Atomwaffen verlängern. Davon ist in der Berichterstattung kaum etwas zu vernehmen. Allein dafür würde sich ein Abkommen lohnen. Solche Weitsicht wünschte man sich auch an anderer Stelle. Denn ein Vertrag, der nicht beiden Seiten halbwegs gerecht wird, schafft einen vorläufigen Waffenstillstand, aber keinen stabilen Frieden. Er trüge den Keim neuer Konflikte in sich.

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.