Verrückt nach Zwischenzeiten

Sport-Redakteur Oliver Kern lebt seine Leidenschaft für Tabellen und Ergebnisse aus

Zwischenzeiten haben beim Rodeln eine wichtige Bedeutung. Von einer Hundertstel Sekunde hängt es ab, ob die Anzeige rot oder grün schaltet. Sie gibt eine schicksalhafte Vorahnung, ob ein Athlet oder eine Athletin die Bestzeit reißen kann oder nicht. Zwischenzeiten, wer sich für so etwas begeistert, muss ein Wahnsinniger sein. Oliver Kern liebt Zwischenzeiten. Wenn die Wintersportsaison beginnt, verbringt er ganze Wochenenden vor dem Fernseher, nichts will er verpassen. Egal ob Skeleton oder Skispringen, ihn interessiert einfach alles. Dann fiebert er mit, was die Zwischenzeitanzeige sagt. Was er nicht live sehen kann, nimmt er auf. Früher auf Videokassette, heute auf Festplatte. Am nächsten Tag macht er einen riesigen Umstand - nur, um nicht von irgendwoher das Ergebnis zu erfahren, bevor er sich die Aufnahme anschauen kann. »Ich will alle Emotionen, die der Sport in einem auslöst, so authentisch wie möglich miterleben«, sagt Oliver.

Seit 2009 ist er Sportredakteur beim »neuen deutschland«. Sein Weg führte ihn allerdings nicht - wie oft bei anderen Kolleg*innen - von der Fankurve auf die Pressetribüne. Er hat keinen Lieblingsverein, noch nicht mal eine Lieblingssportart. Was für ihn zählt, sind die Leidenschaft der Athlet*innen, auf ein Ziel hinzuarbeiten, und ihr unbedingter Wille, zu gewinnen: »Zahlen, Ergebnisse, der Wettkampf, das hat mich schon immer fasziniert.« Als Kind hatte er gerade etwas über Planeten gelernt, da stand er früh um sechs auf, um beim »Mensch ärgere Dich nicht« Mars, Pluto, Erde und Mond gegeneinander antreten zu lassen. Aus den Ergebnissen machte er Tabellen, um am Ende einen Planetensieger zu küren.

Eigentlich wollte Oliver Anwalt werden, hatte in der Schule sogar extra Latein gewählt, aber ein Schulausflug zum Arbeitsamt brachte ihn auf den Journalismus. Die perfekte Kombination seiner Interessen: Sprache und Sport.

Nach dem Studium in Leipzig (Sport, Anglistik, Kommunikationswissenschaft) und diversen Praktika kam er 2007 als Volontär zum »nd«. Während er bei anderen Zeitungen teilweise nur damit beschäftigt war, fünf Wochen lang die Nachrichtenspalte zu füllen, sprang er beim »nd« gleich ins kalte Wasser: »Ich wurde sofort losgeschickt, hatte wenig Zeit, alles aufzuschreiben. Dann ging ein Kollege mit mir den Artikel durch, und am nächsten Tag war er im Blatt. Das fand ich toll.«

Seine Arbeit hinterließ Eindruck, und so bot man ihm 2009 eine feste Stelle im Sportressort an. (Dazu ein Kollege: »Eine der besten Verpflichtungen, die die nd-Manager in den letzten elf Jahren getätigt haben.«) Gleichzeitig nahm ihn Jirka Grahl, damals und heute Ressortleiter, zur Seite und eröffnete Oliver, dass er an seiner Stelle zu den Olympischen Spielen nach Vancouver fahren solle. »Bis kurz vor Ende meines Volontariats war nicht klar, wo ich landen würde, und auf einmal bekam ich eine Festanstellung und sollte zu Olympia fahren«, sagt Oliver, der selber gern an seine Leistungsgrenze geht. Zweimal ist er schon die schwierige Tour-de-France-Bergetappe nach Alpe d’Huez gefahren und hat sich mit dem Rad auf den Mont Ventoux (1909 Meter) gequält.

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