Opfer Thyssen-Krupp

Kurt Stenger über Machtkämpfe mit Aktionären

Nicht etwa mit Stahl oder mit Kriegsschiffen hat der Thyssen-Krupp-Konzern in den letzten Jahren Gewinne erzielt, sondern mit ganz popeligen Aufzügen. Der einst stolze Ruhrpottkonzern geriet in Schieflage und wurde zum scheinbar leichten Opfer aggressiver Aktionäre. Beteiligungsgesellschaften kauften sich groß ein und brachten Vorstandschefs zu Fall, die ihre Interessen nicht teilten. Hauptziel war der Verkauf der Aufzugssparte, um sich aus den Milliardenerlösen über eine Sonderdividende eine goldene Nase zu verdienen.

Am Donnerstagabend wurde der Verkauf für schlappe 17,2 Milliarden Euro tatsächlich besiegelt. Doch immerhin wird es die Sonderdividende nicht geben. Wieder mal zeigt sich die Wichtigkeit der Montanbestimmung, die der IG Metall eine starke Rolle sichert. Dennoch werden sich immer mehr deutsche Unternehmen mit dem Umgang mit aggressiven Aktionären, die selbst scheinbar allmächtige Konzerne wie Apple in die Knie zwangen, beschäftigen müssen. Es ist die verschärfte Form des Shareholder-Value-Kapitalismus: Geschäftspolitik nicht zum Wohle aller Aktionäre, sondern einer lautstarken Minderheit.

Auch für Thyssen-Krupp ist dieser Kampf noch lange nicht zu Ende. Nach dem Verkauf des Gewinnbringers wird umso mehr gestritten werden, wie es weitergehen soll. Rüstungsgeschäfte werden (hoffentlich) nicht auf ewig gut laufen, und dem energienintensiven Stahlbereich steht nicht mehr nur wegen Billigkonkurrenz, sondern vor allem wegen der Klimaschutzzwänge eine massive Umstrukturierung bevor, die viel Geld kosten wird. Auch in Nordrhein-Westfalen wird eine Beteiligung der öffentlichen Hand an der regionalen Stahlindustrie, wie es sie im Saarland gibt, zum Thema werden. Der Machtkampf mit den aggressiven Investmentfirmen wäre dann erst richtig eröffnet.

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