Warum Väter die Folgen langer Elternzeit fürchten ...

Die Ergebnisse einer aufschlussreichen Studie

  • Lesedauer: 5 Min.

Viele Väter trauen sich nicht, lange in Elternzeit zu gehen. Obwohl sich Männer wie Frauen gleichermaßen eine möglichst lange Elternzeit wünschen, sind es in der Praxis in Deutschland weiterhin die Mütter, die den Großteil der Kinderbetreuung übernehmen.

Das tun sie, obwohl die Elternzeit nicht selten einen deutlichen Karriereknick mit sich bringt: Jede fünfte Mutter berichtet nach einer langen Elternzeit von negativen Auswirkungen auf den beruflichen Werdegang.

Was Sie über die Elternzeit wissen sollten

Ein Anspruch auf Elternzeit setzt also ein bestehendes Arbeitsverhältnis voraus. Aber nicht nur die leiblichen Eltern eines Kindes können die Elternzeit in Anspruch nehmen! Auch Adoptiveltern, Pflegeeltern oder Verwandte bis zum dritten Grad können hiervon Gebrauch machen.

Das Kind darf dabei das 3. Lebensjahr nicht nicht vollendet haben (oder bei späterem Elternzeitanteil das 8. Lebensjahr), es muss selbst erzogen werden und im gemeinsamen Haushalt leben. Großeltern können von der Elternzeit Gebrauch machen, wenn das Enkelkind mindestens einen minderjährigen Elternteil hat oder sich ein Elternteil in der Ausbildung befindet. Die Eltern dürfen dabei nicht selbst in der Elternzeit sein.

Die Elternzeit kann von der Mutter oder dem Vater wahrgenommen werden. Um die vollen 36 Monate Elternzeit in Anspruch zu nehmen, müssen Sie mindestens zwölf Monate Elternzeit in den ersten drei Lebensjahren Ihres Kindes »verbrauchen«. Die weiteren 24 Monate Elternzeit können Sie dann bis zum 8. Geburtstag des Kindes in Anspruch nehmen.

Der Arbeitgeber ist nach Gesetz im BEEG dazu verpflichtet, allen Arbeitnehmern die Elternzeit zu gewähren. Eine Zustimmung durch Ihren Arbeitgeber brauchen Sie zwar nicht, allerdings muss die Elternzeit mindestens sieben Wochen, beziehungsweise 13 Wochen bei einer zweiten Antragsstellung, vorher angemeldet werden. Eine Elternzeitverlängerung kann - unter Zustimmung des Arbeitgebers - ebenfalls in Anspruch genommen werden.

Möchten Sie Elternzeit in Anspruch nehmen, müssen Sie diese bei Ihrem Arbeitgeber anmelden. Dies muss in jedem Fall schriftlich erfolgen und es ist Ihre eigenhändige Unterschrift erforderlich. Somit reicht es nicht aus, wenn Sie die Anmeldung Ihrer Elternzeit per Mail, per Fax oder auch mündlich überbringen. Im besten Fall lassen Sie sich den Erhalt Ihres Antrags zudem auch quittieren und entsprechend bestätigen. Sollte es dann zu Streitigkeiten kommen, können Sie in jedem Fall nachweisen, dass und wann Sie Ihre Elternzeit beantragt haben.

Wer in größeren Umfang im Job bleiben will, findet in einer Teilzeitbeschäftigung vielleicht den richtigen Kompromiss. In der Elternteilzeit kann die Arbeitszeit bis zu 30 Stunden pro Woche betragen.

Während der Elternzeit erfolgt die Bezahlung vom Gehalt nicht durch den Arbeitgeber, sondern durch den Staat in Form von Elterngeld. Es wird normalerweise zwölf Monate lang gezahlt. Während dieser Zeitspanne genießen Arbeitnehmer einen Kündigungsschutz und dürfen dementsprechend nicht entlassen werden. Arbeitet ein Elternteil zuerst weiter und geht später in Elternzeit, wird die Dauer der Zahlung des Elterngeldes auf vierzehn Monate verlängert. Man kann sich monatlich auch nur die Hälfte des Elterngeldes auszahlen lassen und damit die Dauer der Zahlung auf 24 Monate verlängern.

Die Höhe des Elterngeldes beträgt mindestens 300 Euro monatlich. Wird die Berufstätigkeit unterbrochen, bekommt man bis zu 67 Prozent des Durchschnittseinkommens der letzten zwölf Monate, aber maximal 1800 Euro pro Monat. Liegt das Einkommen über 1200 Euro, beträgt das Elterngeld 65 Prozent des Nettogehalts. Für Eltern, deren Einkommen 500 000 Euro übersteigt, gibt es gar kein Elterngeld. Dies ist bei Alleinerziehenden ebenfalls der Fall, wenn sie mehr als 250 000 Euro verdienen. nd

Die Ursachen, weshalb Väter in Elternzeit weiterhin eine Seltenheit sind, sind vielfältig: An erster Stelle stehen wirtschaftliche Gründe. Darüber hinaus werden aber auch gesellschaftliche Vorurteile und traditionelle Rollenbilder als ausschlaggebend angeführt.

Einig sind sich Eltern darin, dass Deutschlands Unternehmen mehr tun müssen, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu gewähren. Noch nicht einmal jeder Zweite bewertet sein Unternehmen als familienfreundlich. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie, für die LinkedIn, das weltweit größte Netzwerk für beruflichen Austausch, und das unabhängige Marktforschungsinstitut YouGov im Januar 2020 mehr als 1000 Mütter und Väter in Deutschland befragt haben, deren Kinder höchstens 12 Jahre alt sind.

Warum Väter sich eine lange Elternzeit wünschen, sie aber nicht nehmen

Das Ideal von Müttern wie von Vätern lautet: Je mehr Elternzeit, desto besser. In einer imaginären Welt, in der Geld und Karriere keine Rolle spielen, würden 74 Prozent möglichst lange in Elternzeit gehen (Männer zu 69 Prozent, Frauen zu 79 Prozent).

In der Realität geben 91 Prozent der befragten Mütter an, den Großteil der Elternzeit genommen zu haben. Im Schnitt beziehen Mütter durchschnittlich 11 Monate Elterngeld, 76 Prozent schöpfen die vollen zwölf Monate aus. Männer kommen im Mittel auf drei Monate.

Die Gründe für die Ungleichverteilung

- Finanzielle Gründe: Der Mann verdient mehr als die Mutter: Väter 53 Prozent, Mütter 56 Prozent;

- Frauen haben ein stärkeres Bedürfnis, bei ihrem Kind zu bleiben: Väter 41 Prozent, Mütter 54 Prozent;

- Es ist für die Betreuung des Kindes besser, wenn die Mutter zu Hause bleibt: Väter 31 Prozent, Mütter 32 Prozent;

- Für Männer ist es schwieriger, dem Arbeitgeber gegenüber eine längere Elternzeit zu verargumentieren: Väter 30 Prozent, Mütter 31 Prozent.

»Mütter und Väter sind sich erstaunlich einig über die Gründe, die zu einer ungleichen Verteilung der Elternzeit führen«, sagt Barbara Wittmann, Country Managerin LinkedIn DACH. »Auffällig ist, dass Frauen sich selbst ein noch stärkeres Bedürfnis zuschreiben, länger beim Kind zu bleiben. Es geht dementsprechend also zum einen um die Fragen, wie wir eine gerechtere Bezahlung von Frauen sicherstellen und wie wir Männer darin ermutigen können, ihrem Wunsch nach einer längeren Elternzeit nachzugehen. Zum anderen müssen wir uns grundsätzliche Gedanken dazu machen, wie eine familienfreundliche Unternehmenskultur wirklich aussieht, so dass alle Modelle funktionieren, ganz gleich wer wie lange in Eltern- oder Teilzeit geht.«

Letztendlich sei die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht nur aus gesellschaftlichen Gründen wünschenswert, sondern für Unternehmen auch von wirtschaftlichem Vorteil: Unternehmen, die sich um eine familienfreundliche Kultur bemühen, können sich im immer stärker werdenden Kampf um Talente vorteilhaft positionieren.

Wie familienfreundlich sind Unternehmen in Deutschland wirklich?

Nicht einmal jeder zweite Befragte bewertet sein Unternehmen als familienfreundlich. Nur knapp 43 Prozent (Väter 41 Prozent, Mütter 45 Prozent) denken, ihr aktueller Arbeitgeber misst Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie ausreichend Bedeutung bei.

Während Maßnahmen wie flexible Arbeitszeitmodelle noch relativ häufig die nötige Aufmerksamkeit erhalten (65 Prozent), hat nur jeder Zweite hat die Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten und nur 38 Prozent der befragten Eltern können sich über Kinderbetreuungszuschüsse freuen. Um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können, halten es 78 Prozent der befragten Eltern für notwendig, dass Arbeitgeber aktiver werden.

Was können Arbeitgeber und Arbeitnehmer tun?

Tipps für Arbeitnehmer:

- Achten Sie gezielt darauf, ob der Arbeitgeber auch Positionen mit reduzierter Stundenanzahl ausschreibt, ja vielleicht sogar Tandem-Modelle anbietet.

- Informieren sie sich konkret dazu, inwiefern sich das Unternehmen, bei dem Sie sich bewerben, auch extern als familienfreundlich positioniert und welche Angebote es Vätern und Müttern macht.

- Falls Mitarbeiter des Unternehmens Teil ihres beruflichen Netzwerks sind, erkundigen Sie sich bei ihnen danach, inwiefern eine familienfreundliche Unternehmenskultur auch wirklich gelebt wird.

Tipps für Arbeitgeber: Bevor Unternehmen die Familienfreundlichkeit zu ihrem Markenzeichen machen können, brauchen sie einen regelmäßigen Faktencheck, der ihnen Kennzahlen liefert, woran sie ablesen können, welche Maßnahmen von den Mitarbeitern in Anspruch genommen werden und welche nicht. Dazu gehören auf jedem Fall die Anzahl von Mitarbeitern in Elternzeit sowie die durchschnittliche Dauer der Elternzeit von Müttern und Vätern, aber auch der Anteil der Männer in freiwilliger Teilzeit. Nur auf Basis einer solchen Mess-Systematik ist es möglich, die Angebote auf die interne Nachfrage abzustimmen und echte Fortschritte auf dem Weg zum familienfreundlichen Unternehmen zu erkennen.

LinkedIn ist mit über 675 Millionen Mitgliedern weltweit und über 14 Millionen Mitgliedern im deutschsprachigen Raum das größte digitale Netzwerk für beruflichen Austausch, Information, Inspiration, Weiterentwicklung und Jobs.

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