Macht hoch das Tor, das Klo macht auf!

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi pocht auf mehr Solidarität gegenüber Lkw-Fahrern

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Die leuchtend blauen Plakate mit dem roten Aufdruck sind gut zu erkennen. »Hier sind Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer herzlich willkommen!« steht darauf - je nach Poster in einer von sechs überwiegend osteuropäischen Sprachen wie Polnisch, Russisch, Rumänisch oder Bulgarisch; dazu das Logo der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi). Neben der Schrift die Zeichen für Toilette, Dusche und Kaffee, die man von Raststätten kennt. Verdi will mit der Anfang April gestarteten Aktion erreichen, dass Betriebe, bei denen Lkw-Fahrer*innen Waren ein- oder ausladen, ihre sanitären Einrichtungen für diese öffnen oder ihnen auch mal Kaffee anbieten. Auch sie machen einen sehr wichtigen Job, denn sie stellen die Versorgung sicher.

Denn viele Autohöfe sind wegen der Coronakrise geschlossen. Bei den Raststätten sind zwar die Drehkreuze der sonst kostenpflichtigen Sanitäranlagen geöffnet, aber »entsprechend sehen die Einrichtungen oft aus. Sie sind verdreckt, und für Berufskraftfahrer*innen, die da ihren Kulturbeutel abstellen und sich waschen oder duschen wollen, sind die Einrichtungen eine Zumutung und manchmal gar nicht benutzbar«, erzählt Stefan Thyroke, Leiter der Bundesfachgruppe Spedition, Logistik, KEP (Kurier-, Express- und Paketdienste) bei Verdi. »Wir wollten mit der Aktion erreichen, dass die Betriebe ihre Einrichtungen öffnen oder den Kolleg*innen, die den ganzen Tag auf dem Bock sitzen, mal einen Kaffee anbieten«, sagt er. Denn um sich vor dem Coronavirus zu schützen, haben viele Unternehmen den Zugang für Externe stark eingeschränkt oder ganz verboten. »Die Lkw-Fahrer*innen sind noch isolierter, als sie es durch ihre Tätigkeit ohnehin schon waren«, sagt der Gewerkschafter.

Bereits Ende März hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer angekündigt, dass dort, wo es derzeit keine Waschgelegenheiten gebe, Wasch- und Duschcontainer für die Trucker*innen aufgestellt werden sollten. »Sie sorgen für eine stabile Versorgung. Dafür müssen sie selbst ebenfalls gut versorgt werden, mit Essen, Toiletten und Duschen an Autobahnen und in Logistikzentren«, zitierten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe den CSU-Politiker.

Während Verdi die Kraftfahrer*innen organisiert, ist die Schwestergewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) für die Beschäftigten in den Autobahnraststätten zuständig. Tim Lubecki, Geschäftsführer der NGG-Region Schwaben, erzählt, dass bei den Raststätten in seiner Region rund um Augsburg die Gastronomiebetriebe geschlossen seien. Und dort stehen meist die für die Trucker*innen so wichtigen Duschen und sanitären Einrichtungen, während in den Tankstellen häufig nur Toiletten sind. Ein Betriebsrat habe ihm berichtet, dass die Fahrer*innen vor den Duschen in langen Schlangen stünden, so Lubecki. Das zumindest sei der Stand von Anfang des Monats. Der Betriebsrat ist wie viele andere Beschäftigte von Tank & Rast, das fast alle Raststätten hierzulande betreibt, mittlerweile auf »Kurzarbeit Null«. Von neu aufgestellten Containern habe jedoch keiner seiner Betriebsräte berichtet.

Eine kurze Abfrage bei Dienststellen der Polizei in mehreren Bundesländern kann zwar kein komplettes Bild ergeben, doch von Duschcontainern an den Autobahnen hat man in Brandenburg, Hessen, Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen nichts gehört. Beispielsweise für die A1 zwischen Hamburg und Bremen gilt, dass die Sanitärbereiche der Raststätten vormittags geöffnet haben, nicht aber die Gastronomiebereiche.

Mehrere Landesverkehrsministerien hatten bis Ende März mitgeteilt, die Grundversorgung der Lkw-Fahrer*innen an den Autobahnen sei gesichert. Man habe sich mit Tank & Rast darauf geeinigt, dass die Sanitäranlagen geöffnet blieben und es die Möglichkeit gebe, Snacks, warme Mahlzeiten und Getränke zu kaufen - alles »to go«, versteht sich.

Weil das nicht auszureichen scheint, hat Verdi die Plakataktion gestartet. »Wir haben die Plakate mit einem Anschreiben an rund 10 000 Betriebsräte verschickt, damit die ihre Arbeitgeber darum bitten, diese gut sichtbar auszuhängen«, sagt Thyroke. Rückmeldungen, wie die Aktion in den Betrieben ankommt, lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor.

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