Homeoffice für Lehrer nur noch mit Attest

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 2 Min.

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) will wieder mehr Personal in die Schulen zurückholen. Wie ihre Verwaltung den Leitungen aller allgemeinbildenden und beruflichen Schulen in einem Rundschreiben mitteilt, werden dafür die bisher in der Coronakrise geltenden Homeoffice-Regeln »angepasst«. Dies wurde am Dienstag bekannt.

Demnach dürfen ab dem 2. Juni im Wesentlichen nur noch Mitarbeiter, »die eine Covid-19-relevante Vorerkrankung durch ein aktuelles ärztliches Attest nachweisen«, weiter von zu Hause aus arbeiten. Begründet werden die aktuellen »Hinweise zum Personaleinsatz« mit »den veränderten Einschätzungen des Robert-Koch-Institutes«, wonach »eine generelle Festlegung zur Einstufung in eine Risikogruppe nicht möglich« sei.

Letztlich zielt die Neuregelung dabei vor allem auf eine Personengruppe ab: Lehrkräfte über 60 Jahre. Während der Zeit der Schulschließungen waren diese pauschal von einem Einsatz vor Ort ausgenommen - als zu groß wurde die Gefahr für schwere Covid-19-Krankheitsverläufe eingeschätzt. Allerdings sorgte diese Ausnahmeregelung dann dafür, dass nach der schrittweisen Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts Ende April mehrere Berliner Schulen über einen massiven Personalnotstand in den Klassenräumen klagten. Wohl auch deshalb wurde die Vorsichtsmaßnahme bereits vor Kurzem gelockert. Ein Sprecher der Bildungsverwaltung betonte schon in der vergangenen Woche, dass es »kein Verbot« für ältere Lehrkräfte gebe, ihrer Tätigkeit nachzugehen: »Viele machen das und haben dafür eine Eigenerklärung unterzeichnet.«

Dass dem so ist, bestätigt auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). »Manch ältere Lehrkräfte sind gesundheitlich absolut fit, und natürlich wollen die Kollegen wieder den direkten Austausch mit ihren Schülern in den Schulen selbst«, sagt Berlins GEW-Vorsitzender Tom Erdmann. Grundsätzlich in Frage stellen will Erdmann die Entscheidung daher nicht. Vielmehr kritisiert er die Kurzfristigkeit der Ankündigung: »Damit hätte die Bildungsverwaltung ja mal früher rausrücken können.« Schließlich seien andere Kollegen, ob unter oder über 60, aufgrund relevanter Vorerkrankungen nach wie vor nicht im Präsenzdienst einsetzbar - und die müssten nun auf die Schnelle ein entsprechendes Attest einholen. Ein schwieriges Unterfangen, sagt Erdmann zu »nd«: »Versuchen Sie mal innerhalb weniger Tage beispielsweise einen Termin bei einem Lungenfacharzt zu bekommen.«

Neben den älteren sollen nächste Woche auch die bisher ebenfalls vom Präsenzdienst ausgenommen schwangeren Dienstkräfte ihr Homeoffice beenden. Um die Arbeit vor Ort wieder aufnehmen zu können, muss hier nun wiederum eine »Empfehlung des zuständigen arbeitsmedizinischen Dienstes« vorliegen. Auch in diesem Fall sind Rennereien also vorprogrammiert.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal