Feinbild Richter

Personalie

  • Felix Jaitner
  • Lesedauer: 2 Min.

Feindbilder zu produzieren ist ein zentraler Baustein der national-konservativen polnischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Russland, Linke oder die EU-freundliche liberale Elite Polens werden regelmäßig in orchestrierten Hetzkampagnen verunglimpft. Aktuell ist der Warschauer Bezirksrichter Igor Tuleya zur Zielscheibe der Attacken geworden. Weil der 49-Jährige in einem Verfahren Medienvertreter im Gerichtssaal zugelassen hatte, warf die Staatsanwaltschaft ihm Kompetenzüberschreitung vor. Besonders bitter dürfte den Staatsanwälten die Medienpräsenz deshalb aufgestoßen sein, weil das Verfahren zu Ungunsten der PiS ausging.

Schon seit Jahren gilt der bekennende Liberale Tuleya als prominenter Gegner der PiS. Das liegt nicht nur an seiner wiederholten Kritik an der sogenannten Justizreform, sondern auch an zwei Prozessen, die in Polen hohe Wellen schlugen. Im Jahr 2007 gab Tuleya einer Beschwerde des ehemaligen Innenministers Janusz Kaczmarek statt. Der damalige Premier Jaroslaw Kaczynski, die graue Eminenz der PiS, warf Kaczmarek vor, geheime Untersuchungen sabotiert zu haben, die Landwirtschaftsminister Andrzej Lepper der Korruption überführen sollten. Tuleya urteilte, Kaczmareks Festnahme sei nicht nur unbegründet, sondern auch gesetzeswidrig.

Fünf Jahre später sprach Tuleya den Arzt Mirosław Garlicki vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs frei, verurteilte ihn aber zu einer Haftstrafe wegen Bestechung. Der Richter begründete sein Urteil mit dem Vorgehen der (PiS-nahen) Staatsanwaltschaft, der er stalinistische Methoden wie Einschüchterungen, nächtliche Verhöre und ungerechtfertigten Haftaufenthalt vorwarf. Der Fall Garlicki, so Tuleya, werde von staatlicher Seite dazu genutzt, die neue postsozialistische Elite Polens als korrupt zu diskreditieren.

Am Dienstag sprach sich die Disziplinarkammer des Obersten Gerichts gegen eine Aufhebung der Immunität aus. Ein mögliches Strafverfahren - und damit eine Amtsenthebung Tuleyas - ist damit vorerst vom Tisch. Andere Fälle dürften bald folgen.

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