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Bloß keine Stagnation
Die Berlin Volleys verpflichten Anton Brehme und stellen den Bundesligaverbleib infrage
Es ist noch keine 20 Monate her, da lief Anton Brehme erstmals im Trikot der Berlin Volleys in die Max-Schmeling-Halle ein. Der damals 19-Jährige war noch Schüler und mit einem Doppelspielrecht für die Nachwuchsmannschaft des VCO Berlin und die Profis der BR Volleys ausgestattet. An jenem 31. Oktober 2018 durfte er sich tatsächlich mal an der Seite der Stars des deutschen Volleyballmeisters einschlagen.
Mitspielen durfte er aber noch nicht. Brehme war noch nicht gut genug. Trotzdem bezeichnet er diesen Tag bis heute als »einen der besten Momente meiner Karriere«. Vor Tausenden Fans hatte er die Bestätigung bekommen, zur Elite zu gehören. Wann auch immer die Bundesliga ihre Hallen im Herbst 2020 wieder öffnen wird, Brehme wird dann in den sogenannten Volleyballtempel einlaufen, und diesmal wird er auch spielen dürfen.
Nach seinem Abitur 2019 hatte Brehme zum Anfang seiner Profikarriere zunächst das Team gewechselt. Er ging zur viel kleineren, familiären SVG Lüneburg. Unter dem dortigen Trainer Stefan Hübner, wie Brehme selbst einst auf der Mittelblockposition aktiv, bekam er viel Spielzeit und verbesserte sich rasant: Die Aufschläge wurden härter und zugleich sicherer, und in der Blockeffizienz legte Böhme Ligabestwerte auf.
Das fiel auch Berlins Manager Kaweh Niroomand auf, der im Januar wieder Kontakt zu Brehme aufnahm. »Wir wussten, dass wir am Saisonende mindestens einen Mittelblocker verlieren würden. Wir suchten also nach jemandem mit einem guten Aufschlag und einem guten Block. Da fiel die Wahl auf Anton nicht schwer«, berichtete Niroomand am Freitagvormittag, als er den 20-jährigen Nationalspieler als Neuzugang vorstellte.
Lüneburg war offensichtlich nur eine Durchgangs- und Entwicklungsstation für Brehme. Ob er länger als die vertraglich vereinbarten zwei Jahre in Berlin bleiben wird, ist allerdings auch noch nicht klar. Viel spricht sogar dagegen. Ja, die Berliner beherrschen seit Jahren die Bundesliga und holen viele Titel, doch die Volleys sind noch immer zu weit von der europäischen Spitze entfernt, um für herausragende Talente wie Brehme eine dauerhafte Heimat darzustellen. Jüngstes Beispiel ist der US-Amerikaner Jeffrey Jendryk. Er kam vor zwei Jahren nach Berlin, nahm eine starke Entwicklung und wechselt nun nach Polen, um im Jahr vor Olympia gegen die Besten der Welt anzutreten.
Wer ganz nach oben will, geht irgendwann nach Italien, Russland oder Polen. Der deutsche Bundestrainer Andrea Giani erwartet das sogar von jungen Nationalspielern. Trotzdem habe er Brehme nun zum Wechsel nach Berlin geraten, berichtete der Nachfolger von Jendryk. Ein Bekenntnis dazu, dass Brehme nun viele Jahre in Berlin spielen wolle, gab er aber nicht ab. »Ich will die Zeit nutzen, um mich weiterzuentwickeln«, sagte er. »Je nachdem, wo Berlin in zwei Jahren spielt oder wie die Liga dann aussieht, könnte ich mir auch vorstellen, dann hier weiterzuspielen, aber einen Plan habe ich noch nicht.«
»Wo Berlin in zwei Jahren spielt.« Dieser Satz erscheint ungewöhnlich. Dass die Volleys bei ihrer Dominanz aus der Bundesliga absteigen, ist schließlich genauso ausgeschlossen wie das Verpassen der Champions League. Doch Brehme weiß auch, dass sein neuer Manager zuletzt über einen Wechsel des Klubs in die stärkere polnische Liga spekuliert hatte. Dafür hatte es viel Kritik aus der Bundesliga gegeben, doch auch am Freitag schloss Kaweh Niroomand dieses Szenario nicht aus. »Wir machen uns Gedanken, wie wir den Volleyball in Deutschland populärer machen können.
Die eine Möglichkeit ist, dass die deutsche Liga wächst. Damit meine ich nicht das Sportliche, sondern das Wirtschaftliche, die Spielstätten, das Marketing. Die andere Möglichkeit wäre, dass ein Topteam aus Deutschland in einer anderen Liga spielt. Das wäre eine riesige Schlagzeile, und jedes Wochenende hätte man ein Spitzenspiel. Es kann auch sein, dass es zu einer länderübergreifenden Liga kommt, denn auch in Slowenien, Tschechien oder Holland haben wir das Phänomen, dass wir nur eine oder zwei gute Mannschaften haben. Da muss man einfach mal die Karten neu mischen«, so Niroomand.
Den Manager stört vor allem, dass zu Beginn der neuen Saison mit Innsbruck, Eltmann und Rottenburg gleich drei Vereine ihre Teams zurückziehen. »Wir sind jetzt bei neun Mannschaften, dabei wollten wir auf 14 kommen - das ist doch keine Entwicklung«, ärgerte sich Niroomand. »Und vom Rest bin ich auch nicht überzeugt, ob alle langfristig dabeibleiben. Wenn ein Team weiter in einer Halle spielt, die eigentlich nicht mehr zugelassen ist, und einen Zuschauerschnitt unter 700 hat, ist das für mich nur Stagnation.« Tatsächlich haben Klubs wie KW-Bestensee, Bühl oder Lüneburg Probleme, regelmäßig 1000 Fans anzulocken, sofern überhaupt so viele Menschen in ihre Hallen passen.
Ein Ultimatum, bis wann er eine Professionalisierung der Bundesliga sehen will, setzt Berlins Macher bewusst nicht. »Ich will eine Debatte anstoßen. Unsere Ligavertretung darf nicht nur Verwalter sein. Da macht sie viel gut und richtig. Aber sie muss auch in Sachen Strategiegestaltung führend sein. Das können die einzelnen Vereine nicht tun. Ich erwarte, dass sich die Liga Gedanken macht: Wie kann es weitergehen?« Wird die Liga tatsächlich bald professioneller und damit populärer, bleibt Berlin mit Sicherheit dabei. Und vielleicht bleibt dann auch Anton Brehme länger bei den Volleys.
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