Abstand zu Faschisten

Sommertour »Schöner leben ohne Nazis« wegen Covid-19 dieses Jahr in angepasster Form

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

»Angst hat gesagt, sie bleibt heute wegen bauchschmerzen im bett. / komm. / komm, lass uns tanzen gehen. / die tanzfläche ist zwischen den zeilen.« So heißt es in einem Gedicht der Autorin Janine Fuentes Rygalski. Sie soll bei der diesjährigen Sommertour der Kampagne »Schöner leben ohne Nazis« eine digitale Bühne erhalten, im Rahmen von im Internet übertragenen Gesprächsrunden zum Thema »Rassismus im Kontext von Flucht und Migration«. Es soll auch Gespräche mit Opfern rassistischer Gewalt in Brandenburg geben.

So hat es die Kampagne angekündigt. Die Sommertour startet an diesem Dienstag im Landkreis Oberhavel. Angesichts der Corona-Pandemie wird es jedoch anders laufen als bisher gewohnt. »Leider wird es in diesem Jahr nicht möglich sein, junge Menschen auf Festivals, Konzerten, Dorf- und Stadtfesten zu erreichen«, bedauert Melanie Ebell, Geschäftsführerin des brandenburgischen Landesjugendrings. »Deshalb kommen wir in diesem Jahr noch ein wenig direkter als sonst zu den Jugendlichen.«

Für den Zeitraum Juni bis Oktober sind sogenannte Pop-up-Formate organisiert, das heißt kurze Aktionen vor Ort mit Musik, Literatur, Fotos und Graffiti. Im Kreis Obenhavel sieht das konkret so aus: 9.45 Uhr - Besuch auf dem Pausenhof der Exin-Oberschule und des Oberstufenzentrums in Zehdenik, 12 Uhr - auf dem Marktplatz von Schildow stellen sich die »Nordbahngemeinden mit Courage« vor, 14 Uhr - in Velten fordern Jugendliche die Sanierung ihrer Skateranlage und erhalten hierfür Unterstützung. Die Kampagne »Schöner leben ohne Nazis« begleitet den Kreisjugendring. Jeweils eine Stunde Zeit ist pro Station eingeplant. Zum Abschluss möchte man um 16 Uhr vor dem Saal des Kreistags in Oranienburg Landrat Ludger Weskamp (SPD) treffen. Alles steht unter dem Motto: »Es geht weiter!«

Zuvor hatte es wegen der Corona- Epidemie monatelang keine Veranstaltungen gegeben. Die Kinos mussten schließen, die Theater. Jugendliche konnten sich nicht einfach so im Park treffen, was gerade im Alter von 15, 16 oder 17 Jahren bitter ist. Grünanlagen waren zeitweise abgesperrt. Und die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie waren das beherrschende Thema in den Medien. Alle anderen gesellschaftlichen Themen wurden dadurch überlagert.

»Doch die schrecklichen Morde in Hanau und die Debatte über alltäglichen Rassismus im Lichte der Black-Lives-Matter-Bewegung zeigen, wie wichtig die Auseinandersetzung mit Rassismus und Menschenfeindlichkeit ist«, findet Frauke Büttner, Geschäftsführerin des brandenburgischen Aktionsbündnisses gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt. Das Aktionsbündnis veranstaltet die Sommertour gemeinsam mit dem Landesjugendring. »Mit dem Slogan ›Schöner leben ohne Nazis‹ sowie die angebotenen Materialien bekommen junge Menschen eine gute Möglichkeit, sich zu positionieren«, erklärt Büttner.

Material mit dem Slogan gibt es reichlich: T-Shirts und ein Turnbeutel in verschiedenen Farben und Größen, außerdem eine Mütze - diese aber nur in Grau und mit dem Hinweis: »Achtung: Fällt klein aus!« Außerdem sind Plakate und Broschüren erhältlich. Für Demonstrationen gegen rechte Aufmärsche sind Trillerpfeifen mit dem Aufdruck »Wir lassen uns nicht hetzen!« und Luftballons mit dem Motiv »Kein Ort für Nazis« genauso geeignet wie Rote Karten, die man zeigen kann. Das meiste davon gibt es umsonst. Nur die Klamotten, der Turnbeutel und eine Brotdose kosten zwischen 10 und 20 Euro. Das Geld fließt in einen Initiativenfonds, der außerdem mit Spenden angefüllt wird.

Und was wird aus diesen Mitteln? »Wer in Brandenburg eine Aktion, Veranstaltung oder etwas anderes plant, das sich gegen Rassismus oder Rechtsextremismus richtet, kann beim Aktionsbündnis eine finanzielle Unterstützung von bis zu 150 Euro bekommen«, heißt es.

Die F. C.-Flick-Stiftung fördert die Kampagne »Schöner leben ohne Nazis« bereits seit der ersten Auflage im Jahr 2013. »Wir wollen mit der Kampagne Jugendliche unterstützen, ihre Zukunft und ihr Leben in einer friedlichen und toleranten Welt selbst zu gestalten«, sagt Geschäftsführerin Susanne Krause-Hinrichs. »Ohne Angst und Diskriminierung zu leben, gehört genauso dazu wie der Zugang zu Kunst und Kultur.«

Wie dichtete doch Autorin Janine Fuentes Rygalski: »Angst hat gesagt, sie bleibt heute wegen bauchschmerzen im bett.«

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