Kaum mehr als Applaus

Simon Poelchau über die Anhebung des Mindestlohns auf 10,45 Euro in vier Schritten bis zum Juli 2022

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 1 Min.

Nun soll der Mindestlohn also zweistellig werden, wie die Mindestlohnkommission am Dienstag nach langem Ringen entschied. Man kann sagen, dass es zumindest ein bisschen mehr als nur Applaus ist. Genau genommen 1,10 Euro in zwei Jahren.

Immerhin ist dies etwas mehr als die 9,82 Euro, die als Wert herumgeisterten, der angeblich aufgrund der allgemeinen Tarifentwicklung eigentlich drin gewesen wäre. Dass die Gewerkschaften mehr erreicht haben, ist nicht selbstverständlich. Schließlich konnten die Arbeitgeber auf die Coronakrise als beliebtes Gegenargument verweisen und mehrfach eine Nullrunde ins Spiel bringen - auch wenn ein höherer Mindestlohn die Konjunktur eher stabilisiert als abwürgt. Falsche Argumente können eben gewichtig sein, wenn mächtige Menschen sie nur oft genug wiederholen.

10,45 Euro brutto pro Stunde bis 2022 sind dennoch kein armutsfester Mindestlohn. Dieser müsste mindest 60 Prozent des sogenannten Medianlohns betragen, also rund 12 Euro, wie die Gewerkschaften fordern. 10,45 Euro bedeuten lediglich knapp 51 Prozent - zum jetzigen Lohnniveau und nicht dem von 2022. Damit bleibt der Mindestlohn ein Hungerlohn. Wirkliche Anerkennung für harte Arbeit sieht anders aus.

- Anzeige -

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.