Der Rote Planet bekommt Besuch

Arabische Emirate, China und die USA schicken in diesen Tagen Mars-Missionen los

Im Februar 2021 wird es mal wieder voller im Orbit rund um den Mars. Mehrere irdische Raumschiffe sollen dann den Roten Planeten erreichen, um neue Erkenntnisse zu sammeln. Den Auftakt machte am Montagmorgen die Sonde »Al-Amal« (»Hoffnung«) aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die sich in der Nacht zu Montag auf die Reise machte. Bis Mitte August gibt es dank der Nähe des Mars zur Erde ein Zeitfenster für solche Flüge - dann ist 26 Monate Ruhe.

Die Raumfahrtagentur in Abu Dhabi ist erst sechs Jahre alt. Jenseits des außenpolitischen Prestiges - die Regierung der Emirate sprach pathetisch von einer »Botschaft des Stolzes, der Hoffnung und des Friedens an die arabische Region« - wird die Mission auch in der Wissenschaftscommunity ernst genommen. Nicht nur, weil sie in Zusammenarbeit mit früheren Ingenieuren der US-Behörde Nasa entwickelt wurde. Das arabische Wissenschaftlerteam gilt laut der Fachzeitschrift »Nature« als »jung und lebendig«. Die Sonde soll den Nachbarplaneten ein Mars-Jahr lang (etwa 687 Erdentage) umkreisen und dabei ein umfassendes Bild von der Atmosphäre des Planeten und seiner meteorologischen Dynamik liefern. Ziel ist es, die bislang detaillierteste Wetterkarte zu erstellen.

Natürlich ist nicht nur Kompetenz entscheidend. Die Emirate sind in der Lage, ein dermaßen umfangreiches Projekt finanziell zu stemmen. Gerade bei den alten Raumfahrtnationen ist es längst keine Selbstverständlichkeit mehr, Milliardensummen in solche Projekte zu buttern. Die Kostenfrage ist neben der technologischen auch der Grund, warum die Erkundung des Alls zunehmend kooperativ funktioniert. Und so wurde die »Al-Amal«-Sonde vom japanischen Weltraumbahnhof Tanegashima an Bord einer Trägerrakete des Mitsubishi-Konzerns, die sonst auch gerne Aufklärungssatelliten zur Überwachung Nordkoreas transportiert, auf die derzeit rund 55 Millionen Kilometer lange Reise geschickt. Die Beteiligung des Dienstleisters Japan war bereits nach einer Stunde zu Ende, als sich die Sonde von der Rakete abkoppelte.

Zentral für das Kostensparen ist natürlich auch, dass die Ergebnisse solcher Missionen öffentlich zugänglich gemacht werden, um sehr teure Doppelforschungen zu vermeiden. Ähnlich wie bei der Nasa oder der EU-Weltraumagentur Esa üblich, wollen die Wissenschaftler aus den Emiraten die Ergebnisse mit den Kollegen aus aller Welt teilen.

Nach den USA, der Sowjetunion bzw. Russland, der EU, Indien sowie, wenn alles gutgeht, den Arabischen Emiraten fliegt gleich die nächste Raumfahrtnation hinterher: China will bis zum Wochenende die Mission »Tianwen-1« starten. Die »Himmelsfrage«, so die deutsche Übersetzung, könnte sogar direkt auf der Oberfläche des Mars beantwortet werden. Ein Rover soll dort Gesteinsproben sammeln und auswerten. Ferner sollen von einzelnen Gegenden genauere Karten angefertigt werden. Sehr viel ist allerdings nicht bekannt. China ist deutlich geheimniskrämerischer als andere Weltraumnationen, hier ist das Programm dem Militär unterstellt. Auch nach der vielbeachteten Reise zur dunklen Seite des Mondes im Jahr 2019 wurden nur sporadisch Ergebnisse veröffentlicht. Vor allem dürfte es darum gehen, ihre gescheiterte Mars-Mission aus dem Jahr 2011 vergessen zu machen.

Eine Nummer größer soll eine Nasa-Mission sein. Dabei soll der Rover »Perseverance« (Ausdauer) Gesteins- und Bodenproben im bislang unerforschten Jezero-Krater sammeln; die Wissenschaftler wollen Rückschlüsse auf mögliche frühere Lebensformen gewinnen. Mit dabei ist auch ein kleiner Hubschrauber. Die Trägerrakete stammt diesmal vom Rüstungskonzern Lockheed Martin und nicht vom Unternehmen Space-X des Milliardärs Elon Musk. Er hat großspurig angekündigt, bis 2050 eine Millionenstadt auf dem Mars zu errichten, was viele Fachleute für Unsinn halten. Selbst die ambitionierten arabischen Wissenschaftler sind im Vergleich dazu noch bescheiden - 2117 soll eine Siedlung auf dem Wüstenplaneten entstehen.

Die USA sind mit 18 erfolgreichen Missionen seit »Mariner-4« im Jahr 1964, bei fünf Fehlschlägen, so etwas wie der irdische Platzhirsch auf dem Mars. Hingegen waren die Missionen der Sowjetunion bzw. Russlands vor allem von Misserfolgen geprägt. Ein Gemeinschaftsprojekt von Roskosmos zusammen mit der Esa fiel in diesem Jahr der Coronakrise zum Opfer - sie soll 2022 starten.

Während die Wissenschaftswelt zusammenwächst, gibt es krasse Unterschiede in der Vermarktung ihrer Vorhaben. Vor allem jüngere Weltraumnationen sind rhetorisch in der Zeit der »großen Schritte für die Menschheit« unterwegs. Die Nasa hingegen setzt auf moderne Kommunikation. »Nenn mich Perseverance«, heißt es auf dem eigenen Twitter-Profil des Mars-Rovers. »Hobbys: Fotografieren, Steine sammeln und Offroad-Fahren.«

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