Mitte-links setzt Prioritäten

Sebastian Bähr über Kritik an strukturellen Polizeiproblemen

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 1 Min.

Es gab eine kurze Zeitspanne, in der man das Gefühl hatte, die deutsche Debatte zu Polizeigewalt und institutionellem Rassismus könne einmal über die üblichen Verdächtigen hinaus geführt werden. Ohne Zweifel war hilfreich, dass SPD-Chefin Saskia Esken vor einigen Wochen von »latentem Rassismus« bei Sicherheitsbehörden sprach. Schnell machten aber rechte Shitstorms die Machtverhältnisse klar: Wer in Deutschland politisch Karriere machen will, hat Sicherheitsbehörden einen Blankoscheck auszustellen.

Dies hatte während des G20-Gipfels Olaf Scholz akzeptiert; dies akzeptierte ebenso jetzt Esken. Sie tat Buße, relativierte Kritik, besuchte eine Polizeischule. Momentan schimpft sie auf Jugendliche, die in Stuttgart und Frankfurt am Main »ohne Anlass« mit der Polizei aneinandergeraten seien. Sie erklärt Beamten »unsere Solidarität«, ohne die Hintergründe zu kennen. Damit kann man in autoritärer werdenden Zeiten immer punkten.

Aber nicht nur Esken vergisst beim Buhlen um Macht die strukturelle Staatsgewalt. Auch der Linksfraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch fischt derzeit bei konservativen Freunden des Sicherheitsstaates. Die hessischen Grünen ignorieren den NSU-2.0-Terror komplett, um den Koalitionsfrieden mit der CDU nicht zu gefährden. Man muss halt Prioritäten setzen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal