Bei Mehrarbeitszuschlägen die Urlaubszeiten einbeziehen?
Urlaubsrecht
Der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) richtete ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), um diese Frage zu klären. Darauf verweist der Kieler Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens Klarmann, Vizepräsident des Verbandes deutscher ArbeitsrechtsAnwälte (VDAA) mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die dementsprechende Mitteilung des Bundesarbeitsgerichts zu seinem Beschluss vom 17. Juni 2020 (Az. 10 AZR 210/19 (A)).
Zwischen den Parteien bestand seit Januar 2017 ein Arbeitsverhältnis. Sie waren im streitigen Zeitraum an den Manteltarifvertrag für die Zeitarbeit in der Fassung vom 17. September 2013 gebunden. Der Tarifvertrag regelt, dass Mehrarbeitszuschläge in Höhe von 25 Prozent für Zeiten gezahlt werden, die im jeweiligen Kalendermonat über eine bestimmte Zahl geleisteter Stunden hinausgehen.
Der Kläger machte Mehrarbeitszuschläge für August 2017 geltend, in dem er 121,75 Stunden tatsächlich gearbeitet hat. Daneben hatte er in diesem Monat in der Fünftagewoche für zehn Arbeitstage Erholungsurlaub in Anspruch genommen. Die Beklagte hat dafür 84,7 Stunden abgerechnet. Die tarifvertragliche Schwelle, die überschritten werden muss, damit in diesem Monat Mehrarbeitszuschläge zu leisten sind, liegt bei 184 Stunden. Der Kläger meinte, ihm stünden Mehrarbeitszuschläge zu, weil auch die für den Urlaub abgerechneten Stunden einzubeziehen seien.
Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen. Der Zehnte Senat des BAG ersuchte nunmehr den EuGH zu klären, ob die tarifliche Regelung mit Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der EU und Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG vereinbar ist. Die Auslegung des Tarifvertrags lässt es nicht zu, Urlaubszeiten bei der Berechnung der Mehrarbeitszuschläge zu berücksichtigen.
Klärungsbedürftig ist auch, ob der Tarifvertrag damit einen unionsrechtlich unzulässigen Anreiz begründet, auf Urlaub zu verzichten. VDAA/nd
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