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Zwangskunden sollen bluten
Nicolas Šustr über die Vorstellungen des Verkehrsverbunds für Studi-Tickets
Es gibt das 365-Euro-Jahresticket für den Nahverkehr in Berlin und Brandenburg, allerdings nur für Auszubildende. Eine gute Sache, auf die die beiden Länder sich geeinigt haben - auch, damit die Wahl des Ausbildungsplatzes nicht an den Kosten für das tägliche Pendeln scheitert.
Doch gegenüber Studenten scheint man nicht so viele Bedenken zu haben, bei den Ticketpreisen eine Schippe draufzulegen: Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg hat als erstes Verhandlungsangebot einen Preis von rund 210 Euro pro Semester für Busse und Bahnen in Berlin und Speckgürtel vorgelegt. Bisher sind es 194 Euro. Für das gesamte Verbundgebiet sollen sogar 245 Euro fällig werden. Das kritisieren die Studierenden zu Recht, die sich für die nun begonnenen Verhandlungen zur Interessensgemeinschaft Semesterticket Berlin-Brandenburg zusammengeschlossen haben. Zumal die Fahrkarte in einem solidarischen Finanzierungsmodell bis auf wenige Ausnahmen von allen gezahlt werden muss, die sich an den Hochschulen einschreiben. Immerhin 205 000 Menschen nutzten das Ticket im vergangenen Semester.
Tendenziell haben viele Studierende eher weniger Geld als Azubis, rund 40 Prozent von ihnen haben in der Coronakrise auch ihre Jobs verloren. Da wäre es mehr als angemessen, wenn die beiden Länder sich an der Finanzierung des Semestertickets beteiligten, um einen Preis wie für die Auszubildenden zu ermöglichen. Dass die Verkehrsbetriebe angesichts großer Einnahmenausfälle wegen Corona mehr Geld benötigen, ist klar. Sich dieses aber ohne Rücksicht auf Verluste von einer ebenso gebeutelten Gruppe holen zu wollen, hat mit sozialer Politik nichts zu tun.
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