Einfach mal kurz ausruhen können

Lichtenberg versucht über 10 000 Alleinerziehende vielfältig zu unterstützen

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 3 Min.

Schon der erste Aktionstag war ein Riesenerfolg. »Wir erlebten viele Eltern, die sich gleich vor Ort beraten lassen«, erinnert sich Sarah Wendler vom Familienbüro an das vergangene Jahr. »Dieses Jahr soll es noch größer werden und in insgesamt 13 Familien- und Jugendzentren stattfinden«, erklärt Wendler. Davon verspricht sich die Koordinatorin trotz der Corona-Bedingungen zahlreiche Besucher*innen.

Am Mittwoch stellte Wedler, zusammen mit ihrer Kollegin Birte Driesner und Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke) die Idee von »Zusammen sind wir weniger alleinerziehend in Lichtenberg« vor - so der Titel des diesjährigen Aktionstags Anfang September. Alleinerziehende Menschen sollen hier im Mittelpunkt stehen und sich über die unterschiedlichen Beratungs- und Unterstützungsangebote informieren können. Der Bezirk hat die höchste Quote alleinerziehender Eltern in der Hauptstadt. Von über 10 000 Betroffenen geht Sarah Wedler aus, 9000 davon seien Frauen. In Neu-Hohenschönhausen Nord waren allein im Jahr 2017 44 Prozent aller Haushalte mit schulpflichtigen Kindern Ein-Eltern-Familien. Viele ihrer Angehörigen sind nicht zuletzt deshalb arm oder armutsgefährdet. Bei den armutsgefährdeten oder armen 14- bis 18-Jährigen liegt der Anteil derjenigen, die in Familien mit einem Elternteil aufwachsen, sogar bei über 50 Prozent. Die Zahlen der Kinder und Jugendlichen in Bedarfsgemeinschaften im Bezirk zeigen auch: Das Armutsgefälle verläuft von Neu-Hohenschönhausen Nord am Stadtrand (5512) nach Rummelsburg in zentrumsnaher Lage (914).

Bezirksbürgermeister Grunst macht sich in seiner Funktion seit jeher für Alleinerzeihende in Lichtenberg stark - mehr Empowerment, mehr Berufsperspektiven und mehr flexible Betreuungsangebote müsste es geben, betonte der Linke-Politiker. Bereits Ende 2017 wurde das erste Familienbüro des Bezirks eröffnet. Seit Ende 2017 gibt es in Lichtenberg außerdem das berlinweit bisher einmalige Angebot einer flexiblen Kinderbetreuung für Alleinerziehende. In jedem Stadtteil außer in Rummelsburg und in den Stadtrand-Dörfern können Eltern ihre Kinder, sofern diese aus unterschiedlichsten Gründen nicht in der Tageskinderbetreuung sind, in zehn Familienzentren zwischen 9 und 18 Uhr von geschultem Personal beaufsichtigen lassen. Die Gründe dafür seien völlig unterschiedlich, erklärt Birte Driesner. »Manche Alleinerziehende müssen sich nur einmal eine Stunde ausruhen, andere müssen eine ganzen Tag an einer Qualifizierungsmaßnahme des Jobcenters teilnehmen und wissen nicht, wohin mit ihren Kindern.« Es gehe aber auch weniger darum, zu kontrollieren und zu fragen, betont Driesner, man wisse aus der Erfahrung, dass es vielen Alleinerziehenden einfach an Zeit fehle, sich neben den Kindern auch einmal um sich selbst zu kümmern. Ein »Kita-Ersatz« sei das Angebot aber nicht.

Angenommen wurde die Hilfe laut Familienbüro etwa 8000 mal. Ein solches Angebot, ergänzt Michael Grunst, müsste es berlinweit geben. Mit 200 000 Euro finanziert der Bezirk das Projekt.

Diejenigen, die das Angebot noch nicht kennen, können es beim Aktionstag auch direkt in Anspruch nehmen - und sich derweil beispielsweise beraten lassen. Oder auch einfach nur bei einer Rückenmassage entspannen, während das Kind unter Aufsicht in der Hüpfburg tobt, fügt Birte Driesner hinzu. Der zweite Lichtenberger Aktionstag für Alleinerziehende findet bezirksweit am 4. September 2020 von 15 bis 18 Uhr statt.

aktionstag-alleinerziehend.de

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal