Notstand trotz zunehmender Anerkennung

Landesamt für Gesundheit und Soziales akzeptiert immer mehr ausländische Ausbildungen

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Pflegeheime in der Hauptstadt blieben bislang verschont: Bis heute, fünf Monate nach der ersten Eindämmungsverordnung zur Verhinderung der Ausbreitung des Coronavirus, kam es in den 289 Einrichtungen zu keinen größeren Ausbrüchen von Covid-19, erklärt Franz Allert, Präsident des Landesamts für Gesundheit und Soziales (Lageso) am Mittwochvormittag.

Ganz sicher sei »jeder Mensch, der an und mit Corona« sterbe, »einer zu viel«, so Allert weiter. Aber dass es nur 61 Menschen getroffen habe, die in stationären Einrichtungen in den letzten Monaten an einer Covid-19-Infektion verstorben seien, hänge auch mit dem »hohen Maß an Gesundheitsschutz« und einer »hohen Sensibilität« der Beschäftigten in den Pflegeheimen zusammen, befand der Lageso-Chef. Anlass, darüber zu sprechen, wie die besonders schutzbedürftige Gruppe der knapp 39 000 Menschen in vollstationären Berliner Einrichtungen für Pflegebedürftige in der Pandemie versorgt werde, gab die Vorstellung des Lageso-Jahresberichts für 2019.

Debatten um die Qualität von Langzeitpflege angesichts schlechter Arbeits- und Lohnbedingungen vieler Fachkräfte gibt es nicht erst seit der Corona-Pandemie. Sie geben regelmäßig Anlass für Beschwerden bei der am Lageso angesiedelten Heimaufsicht. Deren Zahl hat sich im vergangenen Jahr gegenüber dem Vorjahr nun noch einmal um fast ein Drittel (30 Prozent) auf 430 erhöht. Auch die Anzahl der Prüfungen durch die Heimaufsicht stieg um 26 auf 534 im vergangenen Jahr.

43 Prozent der Prüfungen waren unangemeldet, erklärte Franz Allert. Die Anzahl der festgestellten Mängel insgesamt stieg im Vergleich zum Vorjahr um 20 auf 57. Davon betroffen waren 38 Einrichtungen. Die Beanstandungen bezogen sich etwa auf die Pflegedokumentation, in den meisten Fällen sei es um die Personalausstattung gegangen (18).

Bei Sonderprüfungen zu Hygienestandards zu Beginn der Corona-Pandemie an zwei Tagen in 24 Einrichtungen habe es in 22 Fällen Beanstandungen gegeben, berichtet Allert. Die vergleichsweise hohe Fallzahl habe sich unter anderem ergeben, weil in vielen Fällen nicht ausreichend Schutzkleidung vorhanden war. Allert sprach von »Kleinigkeiten« und einem in manchen Fällen offenkundigen »laxen Umgang« vor allem bei Pflegehilfskräften. Hier habe man mit entsprechenden Beratungen schnell Verbesserungen bewirken können, erklärte er dazu - Untersagungen oder gar Bußgelder hätten keine verhängt werden müssen. Die Heimaufsicht prüft aus Gründen zum Schutz der Privatsphäre aber nicht in Pflegewohngemeinschaften, erläuterte Allert. Deren Zahl stieg seit 2014 auf aktuell 694.

Dem Pflegenotstand in der Hauptstadt versucht die Landesregierung derzeit unter anderem mit dem »Pakt für die Pflege« beizukommen. So soll beispielsweise die Zahl der Ausbildungsplätze verdoppelt und die Attraktivität der Ausbildung gesteigert werden. Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg. Solange müssen sich die Gesundheitseinrichtungen in der Hauptstadt unter anderem auf die steigende Zahl von Berufsanerkennungen bei im Ausland ausgebildeten Heilberufler*innen verlassen: die Zahl der durch das Lageso anerkannten Abschlüsse von Zahnärzt*innen, Gesundheits- und Krankenpfleger*innen oder auch Physiotherapeut*innen blieb auch im vergangenen Jahr bei 30 Prozent von insgesamt 2426 der dort abgenommenen Prüfungen.

Derweil sind am frühen Mittwochmorgen an der Charité erneut Beschäftigte der ausgelagerten Tochterfirma Charité Facility Management (CFM) in einen dreitägigen Warnstreik getreten, um für ihre Rückholung und Tarifverträge zu kämpfen.

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